Wien - Außenministerin Benita Ferrero-Waldner (V) würde sich als Bundespräsidentin nicht in die "wirkliche Tagespolitik einmengen". Das Staatsoberhaupt hätte genügend zu tun, bestehende Kontakte zu nutzen und für Österreich Türen in der Welt zu öffnen, so Ferrero-Waldner am Samstag in der ORF-Reihe "Im Journal zu Gast". Sie würde auch versuchen, Lobbyist für die österreichische Wirtschaft zu sein. Die ÖVP-Kandidatin würde diese Ziele weniger mit zeremoniellen Staatsbesuchen als mit "Business-Besuch" verfolgen, kündigte sie an.

Außenministerin nicht eingeweiht

Kritische Worte fand sie zum amtierenden Bundespräsidenten Thomas Klestil. Dieser habe oftmals Vier-Augen-Gespräche geführt, in die sie als Außenministerin auch nicht eingeweiht worden sei: "Das ist schade und das würde ich anders halten." Sie würde vielmehr die jeweils zuständigen Minister bzw. von diesen bestimmte Personen dazu mitnehmen. Die Koordination zwischen Bundespräsident und Regierung sei jedenfalls "eine Frage auch der Einstellung und des Willens".

Zu ihrem Verhältnis zu Klestil meinte sie: "Ideal war es sicher nicht. Aber ich glaube, es war korrekt. Und das gehört sich für einen guten Profi."

Hinsichtlich der Kompetenzen des Staatsoberhaupts meinte Ferrero-Waldner, "der vom Volk gewählte Bundespräsident hat sich bewährt". Änderungen seien nicht nötig. Man könne lediglich die Frage stellen, ob der Bundespräsident den Nationalrat und die Landtage weiterhin von sich aus auflösen können solle.

"Schirmherrin" des Bundesheeres

Als Oberbefehlshaberin des Bundesheeres würde Ferrero-Waldner "Schirmherrin" sein. Grundsätzlich hält sie das Heer für "absolut unverzichtbar". Zur Struktur des Militärs sprach sie eine "Mischform" mit einer Miliz für den Katastrophenschutz- und Grenzsicherungseinsatz und Berufssoldaten für internationale Einsätze an.

Schutzschirm über Europa

Dass sie in Sachen Neutralität und Nato einen Schwenk vollführt habe, wies die Kandidatin zurück. Die Frage sei, wie die Sicherheit Österreichs am besten gewährleistet sei. Und bis vor zwei Jahren habe eben die Nato den Schutzschirm über Europa gebildet, jetzt gebe es aber mit der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik eine Alternative.

Nicht kommentieren wollte Ferrero-Waldner die Festlegung der Kärntner ÖVP, Jörg Haider keinesfalls zum Landeshauptmann zu wählen. "Das ist doch ihre Wahl", meinte sie. Auch die Frage nach Zustimmung oder Ablehnung zur Homosexuellen-Ehe ließ die Kandidatin offen.

Lunacek attackiert Ferrero

Für die Grün-Abgeordnete Ulrike Lunacek ist diese Antwortverweigerung "unverständlich". Ferrero-Waldner stelle sich damit sowohl gegen eine von Österreich bei der UNO-Menschenrechtskommission im Jahr 2003 unterstützte Resolution als auch gegen die Linie der EU, die beide gegen die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung auftreten. Und dazu gehöre auch die rechtliche Gleichstellung von Partnerschaften. Die "Verweigerung der Antwort" stehe aber sehr wohl "in einer Linie mit Ferrero-Waldners Amtsstil, sich zu heiklen Fragen nicht zu äußern".

Die Homosexuellen Initiative (HOSI) Wien hat Österreichs Lesben und Schwule aufgerufen, nicht für Ferrero-Waldner zu stimmen.

Drei Vorzüge

Als Vorzüge gegenüber ihrem SPÖ-Kontrahenten Heinz Fischer nannte Ferrero-Waldner drei Punkte: Sie verfüge über ein "riesiges Netzwerk", sie sei "volksverbunden" und könne gut mit den Menschen arbeiten und sie wolle eine "Bundespräsidentin mit Herz" sein.

Zur Vorbereitung ihrer Kandidatur sagte Ferrero-Waldner, sie habe am Donnerstag, dem Tag ihrer Nomninierung im ÖVP-Vorstand, davon erfahren. ÖVP-Obmann Wolfgang Schüssel habe sie zuvor "nie gefragt".

Darabos: Ferrero-Waldner am Gängelband Schüssels Kritik der Grünen an Nicht-Aussage zu Homosexuellen-Ehe

Für Norbert Darabos, SPÖ-Bundesgeschäftsführer und Wahlkampfleiter Heinz Fischers, hat die ÖVP-Kandidatin Benita Ferrero-Waldner am Samstag im Ö1-Radio die Gelegenheit verstreichen lassen, mitzuteilen, wie sie sich eine Amtsführung konkret vorstellt, welche Inhalte sie vertritt und warum man sie zur Bundespräsidentin wählen sollte. Sie habe es auch nicht geschafft, ihren Zick-Zack-Kurs in Sachen Neutralität und Nato-Beitritt zu korrigieren, so Darabos in einer Aussendung. Insgesamt hänge die Außenministerin nach wie vor am Gängelband von ÖVP-Chef Bundeskanzler Wolfgang Schüssel.

Auch die Ankündigung, sich sozial engagieren zu wollen, könne von den Österreichern möglicherweise nicht ernst genommen werden, so der SPÖ-Bundesgeschäftsführer. Immerhin habe sie als Ministerin sowohl die Unfallrentenbesteuerung als auch die Ambulanzgebühren und die "Pensionskürzungsmaßnahmen" im Ministerrat mit beschlossen.

Darabos: "Bei allem Respekt vor der Privatperson Ferrero-Waldner hat man auch das Gefühl, dass sie nach wie vor am Gängelband von Bundeskanzler Schüssel sei und keine eigenständigen Meinungen formuliert." Die Bestellung des früheren Schüssel-Sprechers Florian Krenkel zum Wahlkampfleiter Ferrero-Waldners bekräftige dies. (APA)