Wenn Johannes Dobinger, Generalsekretär der Christian-Doppler-Gesellschaft (CDG), von anwendungsorientierter Grundlagenforschung spricht, klingt das zunächst einmal wie ein Widerspruch. Wissenschafter, die Grundlagen erforschen und ihre Erkenntnisse Industriepartnern zur Verfügung stellen? Wie kann das funktionieren? Es kann und zwar schon seit 1989, dem Gründungsjahr der Gesellschaft - und zwar in stets an Universitäten eingerichteten Labors.

Sieben Jahre Arbeit

Firmen wie der Chiphersteller Infineon Technologies, der Grazer Motorenentwickler AVL List, der Pharmakonzern Astra Zeneca, Stahlriese Böhler-Uddeholm oder Voestalpine Stahl Linz verschaffen sich solcherart seit Jahren Zugang zu neuem, anwendungsorientiertem Wissen. Andererseits wird Wissenschaftern an Universitäten so die Möglichkeit geboten, über einen bestimmten Zeitraum (jedes Labor wird für sieben Jahre bewilligt) finanziell abgesichert an Grundlagen zu forschen und die Erkenntnisse praktisch anzuwenden. Dobinger: "Der Nutzen sollte immer auf beiden Seiten gegeben sein." Bruno Lindorfer von Voestalpine bestätigt das: "Für technologiebasierte Unternehmen ist die Schnelligkeit in der Umsetzung von Innovationen zu Produkten ein Schlüsselerfolgsfaktor." Kooperationsformen wie die Christian-Doppler-Labors (CDL) seien eine Möglichkeit, das zu bewerkstelligen.

Strenge Tests

Jedes CDL muss strenge Tests durchlaufen, ehe es seine Tätigkeit aufnimmt, die Oberhoheit hat immer der Laborleiter. Nach Ablauf der sieben Jahre gibt es allerdings keine Möglichkeit auf Verlängerung. Die von der Wirtschaft bereitgestellten Mittel für ein Labor werden von der Gesellschaft im Rahmen von "Matching Fonds" verdoppelt, bei Klein- und Mittelbetrieben kann eine noch höhere Förderung erzielt werden.

Die Mehrzahl der Labors befindet sich in der Steiermark (Graz, Leoben) und in Wien, vor allem an technischen Universitäten, zwei wurden bisher in Deutschland eingerichtet: jenes für Polymer/Metall-Grenzflächen am Max-Planck-Institut für Eisenforschung in Düsseldorf und jenes für Moderne Mehrphasenstähle an der TU München. Prinzipiell können CDLs jedem Auftraggeber ins Ausland folgen.

Das nächste Labor wird an der Wiener Veterinärmedizinischen Universität eröffnet: Es beschäftigt sich mit gentherapeutischer Vektorentwicklung. Zur Eröffnung wird ein dreitägiges Symposion an der Vetmed veranstaltet, wo über Chancen und Risiken der Methode bei der Krebsbekämpfung diskutiert wird. Internationale Experten aus Deutschland, Frankreich und den USA werden erwartet. (pi/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19. 1. 2004)