Erziehung zum Wohlverhalten durch "Incentives" ist das Gebot des kürzlich entsandten Gesetzesentwurfs für den Emissionshandel zur Umsetzung des Kioto-Protokolls: Zum einen dürfen gewisse Industrieanlagen ab 1. 1. 2005 nur betrieben werden, wenn der Ausstoß von Treibhausgasen von einer unabhängigen Prüfeinrichtung überwacht und von der Behörde genehmigt wurde, zum anderen werden vom Umweltminister an die Betriebe Emissionszertifikate - Gutscheine für Treibhausgasausstoß - zunächst gratis verteilt. Der Betreiber darf nur so viel Treibhausgas emittieren, wie ihm durch Zertifikate zugeteilt wurde.

Zertifikaten können verkauft werden

Gelingt es dem Betreiber, die Treibhausgase seiner Anlage unter die zugeteilte Menge zu reduzieren, dann darf er mit den überzähligen Zertifikaten handeln. Er kann sie an jene Betreiber verkaufen, die ihre Zuteilungsmenge überschritten haben. Überschreitet der Treibhausgasausstoß allerdings die zugeteilte Menge, und gelingt es dem Betreiber auch nicht, anderswo genügend Zertifikate einzukaufen, muss er für jede nicht durch Zertifikate abgedeckte Tonne Treibhausgas 40 Euro Strafe zahlen. Wird die Anlage überhaupt ohne Genehmigung betrieben, drohen Strafen bis zu 50.000 Euro.

Da Österreich anders als Deutschland oder Schweden bereits eine negative Kioto-Bilanz vorweist, aber zur Reduktion der Treibhausgase verpflichtet ist, müssen heimische Betriebe den Gürtel enger schnallen. Wie da noch Zertifikate für wachsende oder neue Betriebe bleiben sollen, ist ungeklärt. Möglich wäre die Bildung einer Reserve, doch würde dies für die bestehenden Betriebe eine weitere Treibhausgasreduktionsverpflichtung und damit zusätzliche Kosten bedeuten.

Ungelöste Bilanzierung

Bis dato ebenfalls nicht gelöst sind die Bilanzierung sowie die steuerliche Behandlung der Zertifikate. Das Ifric (International Financial Reporting Interpretations Committee) schlägt vor, die Zertifikate mit dem Marktwert im Zeitpunkt der Zuteilung zu aktivieren und den Ertrag über die Jahre 2005 bis 2007 gleichmäßig zu verteilen. Inwieweit dieser Vorschlag mit dem österreichischen Handelsrecht im Einklang steht, ist zweifelhaft.

Nach österreichischem Handelsrecht ist zu klären, ob die Zertifikate als Vermögensgegenstand Eingang in die Bilanz finden und inwieweit sie gegebenenfalls das Eigenkapital des Betreibers erhöhen. Für das Vorliegen eines bilanzierungsfähigen Gegenstandes spricht dessen im Gesetzesentwurf vorgesehene Einstufung als Warenderivate.

Marktwert muss sich erst bilden

Ein Marktwert für die Zertifikate wird sich erst im Laufe der Zeit bilden. Die Gratiszuteilung sowie der Verbrauch und der spätere Verlust der Gültigkeit haben wesentlichen Einfluss auf die in der Bilanz darzustellenden Zertifikatswerte. Für Pönalen bei Überschreiten der durch Zertifikate gedeckten Emissionen wäre in der Bilanz wohl durch Rückstellungen vorzusorgen.

Im Steuerrecht ist zu untersuchen, ob die gratis zugeteilten Zertifikate eine steuerneutrale Einlage darstellen oder als Ertrag zu einer Erhöhung der Steuerbemessungsgrundlage führen. Im Zertifikatshandel ergeben sich weiter noch ungelöste Fragen bezüglich der Umsatzsteuer und des Gebührenrechts. (DER STANDARD Printausgabe, 20.01.2004, Arno Brauneis, Christian Bürgler, Hannes Senft)