Washington - Ein winziges Wassertierchen verzichtet seit
Millionen Jahren auf Sex - und gedeiht dabei nicht schlecht.
Normalerweise gilt die ungeschlechtliche Fortpflanzung bei
mehrzelligen Tieren als evolutionäre Sackgasse, die bald zum
Aussterben führt. Doch die Rädertierchen der Gruppe Bdelloidae haben auch ohne Sex
370 verschiedenen Arten entwickelt, wie amerikanische Forscher in den
"Proceedings" der US-Akademie der Wissenschaften vom Dienstag
nachweisen. Vermutlich kämen die nur bis zu einem halben Millimeter
großen Planktontierchen schon seit 40 Millionen Jahren ohne Sex aus.
Um zu untersuchen, ob die Evolution der Bdelloidae tatsächlich
asexuell erfolgte, konzentrierte sich das Team um Jessica Mark Welch
vom Josephine Bay Paul Center in Woods Hole (US-Bundesstaat
Massachusetts) auf das Hitzeschockgen hsp82 im Erbgut der Art
Philodina roseola. Es durchsuchte das gesamte Genom des
Wassertierchens nach hsp82 und fand insgesamt vier Kopien. Jede
dieser Kopien liegt auf einem anderen Chromosom und hat
charakteristische Eigenarten, so dass die Gene nicht paarweise von
Vater und Mutter vererbt sein können. Stattdessen müssten sich diese
Gene mindestens seit ein bis vier Millionen Jahren unabhängig
voneinander entwickelt haben, schließt das Team.
Obwohl sich mehrzellige Organismen fast ausschließlich durch Sex
fortpflanzen, gibt es hin und wieder Ausnahmen, wie die Forscher
erläutern. Diese Tiere seien aber meist nach kurzer Zeit wieder
ausgestorben, weil sie kaum Chancen haben, sich evolutionär zu
verbessern und Artenreichtum zu entfalten. Mit ihrer Millionen Jahre
langen Geschichte und der Ausbildung von hunderten Arten seien diese Rädertierchen eine Seltenheit, die ihresgleichen suche. (APA/dpa)