Der Medienkonzern Bertelsmann bleibt vorerst weiter von einer milliardenschweren Schadenersatzklage wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen durch die Musik-Tauschbörse Napster verschont. Das deutsche Verfassungsgericht habe das im Juli 2003 ergangene und bis Ende Jänner befristete Zustellungsverbot um ein halbes Jahr verlängert, sagte eine Sprecherin des höchsten deutschen Gerichts am Dienstag in Karlsruhe.

"Das Gericht beabsichtigt, noch in diesem Jahr eine endgültige Entscheidung in der Hauptsache zu fällen"

Das Gericht wolle bald über die Verfassungsbeschwerde von Bertelsmann gegen die Zustellung der in den USA eingereichten Klage entscheiden. "Das Gericht beabsichtigt, noch in diesem Jahr eine endgültige Entscheidung in der Hauptsache zu fällen", sagte sie Reuters auf Nachfrage. Der entstandene Schaden wurde zuletzt auf 17 Mrd. Dollar (13,74 Mrd. Euro) beziffert.

Illegaler Vertrieb

Die Kläger, darunter die Konkurrenten Universal Music und EMI, werfen Bertelsmann vor, der kleinste unter den fünf weltgrößten Musikverlegern, habe mit dem Napster-Engagement den illegalen Vertrieb von urheberrechtsgeschützten Musiktiteln gefördert. Hintergrund der US-Klage ist ein Darlehen über 80 Mio. Dollar, das Bertelsmann im Jahr 2000 an die inzwischen insolvente Musiktauschbörse vergeben hatte. Der Konzern wollte Napster übernehmen und in einen Abonnement-Service umwandeln.

Bertelsmann hatte sich mit einem Eilantrag und einer Verfassungsbeschwerde gegen die Zustellung der Klage gewehrt, nachdem das Oberlandesgericht Düsseldorf auf Antrag der Kläger die Zustellung angeordnet hatte. Die Zustellung würde sich auf seinen Geschäftsbetrieb negativ auswirken, argumentierte der Konzern.

Entscheidend

Die Zustellung der Klageschrift ist nach US-Recht eine Prozessvoraussetzung und in Deutschland entscheidend für die spätere Anerkennung und die Durchsetzung des ausländischen Urteils. Die Verfassungsrichter schlossen einen Missbrauch der Justiz durch die Kläger damals nicht aus.

"Werden Verfahren vor staatlichen Gerichten in einer offenkundig missbräuchlichen Art und Weise genutzt, um mit publizistischen Druck und dem Risiko einer Verurteilung einen Marktteilnehmer gefügig zu machen, könnte dies deutsches Verfassungsrecht verletzen", hieß es in einer Mitteilung. Dies könne aber erst im Hauptsacheverfahren geklärt werden. Für die Kläger ergäben sich keine Nachteile, wenn die Klageschrift so lange nicht zugestellt würde.(APA/Reuters)