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In Italien sind Helme für Kinder künftig Pflicht, hierzulande hält man von einer gesetzlichen Regelung wenig.

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Skihelme für die Kleinen umstritten Der Grazer Unfallchirurg Michael Höllwarth spricht sich gegen eine absolute Skihelmpflicht für Kinder aus. Diese könnte bei geübteren Fahrern unter den Kleinen zu einem trügerischen Sicherheitsgefühl und höherer Risikobereitschaft führen.

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Graz - Wer kennt sie nicht, die Pistenzwerge, die mit Helm ausgerüstet die Hänge runtersausen? Die dazugehörigen Eltern erkennt man meist an dem Ruf "Nicht so schnell!". Eine strikte Skihelmpflicht für Kinder und Jugendliche, wie sie nun in Italien ab der kommenden Wintersaison gültig wird, lehnt der Grazer Kinderchirurg und Präsident der österreichischen Unfallverhütungsorganisation "Große schützen Kleine", Michael Höllwarth, jedoch ab.

Zweifellos sei der Schutzhelm für Anfänger jeden Alters und Skifahrer, die sich auf der Piste noch sehr unsicher fühlen, zu empfehlen, betont der Mediziner. Bei bereits sicheren oder guten Skifahrern könnte die absolute Helmpflicht aber zu einem trügerischen Sicherheitsgefühl und somit auch zu einem erhöhten Risikoverhalten auf der Piste führen, warnte Höllwarth am Dienstag.

In kritischen Situationen sei die sinnvolle Reaktion von Anfängern auf der Skipiste deutlich eingeschränkt, sodass es zu überraschenden Stürzen oder sogar Kollisionen kommen kann. Hier sei das Tragen eines Schutzhelmes sinnvoll. Das generelle Tragen von Helmen während des Wintersports würde hingegen eher zu einem größeren als zu einem kleineren Risiko führen: "Das Kind fühlt sich durch den Helm wie ein Rennfahrer und fährt dementsprechend. Das Risiko einer Verletzung ist dadurch ungleich höher", bekräftigt Höllwarth seine kritische Einstellung gegenüber einer solchen Verpflichtung für alle Kinder und Jugendlichen.

Nutzen fragwürdig

Bisherige Studien zu diesem Thema seien widersprüchlich, hielt Höllwarth fest: So könne ein Verletzungsrückgang durch die Helmpflicht nicht einhellig bestätigt werden. Teilweise seien sogar mehr Verletzungen nach Einführung der Helmpflicht verzeichnet worden. Auch aus medizinischer Sicht sei die absolute Trageverpflichtung fragwürdig, da der Anteil schwerer Kopfverletzungen nach Skiunfällen von Kindern und Jugendlichen gering sei.

In Italien müssen nach einem am Dienstag in Kraft getretenen Gesetz ab Jänner 2005 Kinder unter 14 Jahren beim Wintersport Sturzhelme tragen. Bei Verstößen drohen Geldstrafen. Wenn Kinder ohne Sturzhelm auf den Pisten angetroffen werden, können deren Eltern mit Geldstrafen zwischen 30 und 150 Euro belangt werden. Kommunale Polizei- und Forstbeamte sollen die Einhaltung der neuen Regeln überwachen.

Helmpflicht in Italien

Von einer gesetzlich verordneten Helmpflicht hält auch der Jo Schmid, der Pressesprecher des ÖSV wenig: "Erstens haben die meisten Kinder und Snowboarder jetzt schon Helme auf und die Frage wäre: Wer exekutiert Vergehen?" Der Leiter des Instituts Sicher leben, Rupert Kisser, hatte im Dezember erklärt, eine Helmpflicht bei Kindern sei erforderlich.

Die Verletzungen bei Skiunfällen sind jedenfalls zurückgegangen. In der Wintersaison 2002/03 wurden laut ÖSV weniger Verletzte erfasst, man errechnete eine fast 20-prozentige Reduktion gegenüber einer Erhebung fünf Jahre zuvor.

Trotz dieser Ergebnisse fühlen sich die Österreicher und Österreicherinnen auf den Pisten zunehmend unsicherer. Laut einer Umfrage des market-Instituts vom vergangenen November glaubt mehr als die Hälfte der Befragten, dass die Gefahr auf den Pisten zugenommen hat. (red/DER STANDARD; Printausgabe, 21.1.2004)