Bild nicht mehr verfügbar.

Oleksy: "Werde nicht taub für Kritik an Regierung"

Foto: REUTERS/Pawel Kopczynski
"Der Coup ist dem Regierungschef gelungen", kommentierten am Dienstagabend die ersten Politiker die überraschende Ernennung Józef Oleksys zum Innenminister. Der 57-jährige Vollblutpolitiker gilt als schärfster Kritiker und Rivale von Premier Leszek Miller. Dass Miller nun ausgerechnet seinen parteiinternen Gegner an seine Seite hole und zum zweitwichtigsten Mann in der Regierung mache, sei ein geschickter Schachzug, meint auch der Kommentator der Tageszeitung Rzeczpospolita. Zum einen bringe Miller mit der Umarmungsstrategie Oleksy zum Schweigen, da dieser nun ebenfalls in der direkten Regierungsverantwortung stehe. Zum anderen könne er nun sagen, dass er schließlich alles getan habe, um Partei und Regierung gesunden zu lassen.

Józef Oleksy musste 1995 als Ministerpräsident zurücktreten, nachdem ihm sein eigener Innenminister Andrzej Milczanowski vorgeworfen hatte, über viele Jahre hinweg für die Sowjetunion spioniert zu haben und noch immer Kontakt zu seinem russischen Führungsoffizier zu halten. Oleksy beteuerte zwar seine Schuldlosigkeit, doch kaum jemand glaubte ihm. Der militärische Abschirmdienst nahm die Ermittlungen auf. Jahre später wurde das Verfahren ergebnislos eingestellt. So ist bis heute ungeklärt, ob an den Vorwürfen etwas dran war.

In den vergangenen Jahren hat sich Oleksy, Vizevorsitzender des Demokratischen Linksbündnisses (SLD), intensiv mit dem EU-Beitritt Polens beschäftigt. Er war Vorsitzender des Europa-Ausschusses im Parlament und vertrat Polen gemeinsam mit Europaministerin Danuta Hübner im EU-Verfassungskonvent.

Oleksy tritt nun die Nachfolge von Krzysztof Janik an, der wiederum zum SLD-Fraktionsvorsitzenden ernannt wurde, nachdem Jerzy Jaskiernia wegen eines Korruptionsskandals gehen musste. Jaskiernia, der die Vorwürfe gegen ihn zurückweist, will nun EU-Parlamentarier in Brüssel werden.

Oleksy, der sich über die Jahre im In- und Ausland wieder großes Ansehen erwerben konnte, soll nun helfen, die postkommunistische Partei vor dem völligen Machtverlust zu retten. Korruptionsaffären und Unfähigkeit ließen die SLD auf einen Tiefpunkt von 19 Prozent Wählerzustimmung sinken. Ausgerechnet jetzt steht auch noch die Verabschiedung des unpopulären Sparprogramms von Wirtschafts- und Arbeitsminister Jerzy Hausner an. (DER STANDARD, Printausgabe, 22.1.2004)