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Ariel Sharon unter Druck

Foto: Reuters/Zvulun
Tel Aviv/Jerusalem - Der israelische Ministerpräsident Ariel Sharon hat einen Rücktritt wegen der gegen ihn erhobenen Bestechungsvorwürfe abgelehnt. Er werde auch noch im kommenden Jahr die israelische Regierung führen, sagte Sharon am Donnerstag laut israelischem Militärradio. Alle Spekulationen über seinen möglichen Rücktritt oder eine vorübergehende Niederlegung seiner Amtsgeschäfte seien "nichts als Blödsinn".

Doch Sharons Lage ist heikel, nachdem nun in der "Affäre der griechischen Insel" eine erste Anklage erhoben wird. Die Staatsanwaltschaft wirft dem israelischen Geschäftsmann David Appel nämlich ausdrücklich vor, 1999 den damaligen Außenminister Sharon bestochen zu haben.

Überhöhte Beratungshonorare

Appel habe Sharons Familienfarm umgerechnet mehr als 500.000 Euro zufließen lassen, einem von Sharons Söhnen, Gilad Sharon, für eine anspruchslose Beratertätigkeit weit überhöhte Honorare gezahlt und Sharon Finanzhilfe im parteiinternen Wahlkampf versprochen. Als Gegenleistung hätte Appel von Sharon politische Unterstützung für ein großes Ferieninselprojekt in Griechenland erwartet.

Auch Vizepräsident unter Bestechungsverdacht

Appel habe eine Übereinkunft mit Gilad Sharon erreicht, ihm überhöhte Geldbeträge zu bezahlen mit dem Zweck, Ariel Sharon in seinen öffentlichen Positionen zu beeinflussen, steht in der Anklageschrift. Auch der damalige Bürgermeister von Jerusalem und jetzige Vizeministerpräsident Ehud Olmert sei von Appel bestochen worden, sagt die Staatsanwaltschaft.

Die Anklageerhebung warf die Frage auf, wieso denn nicht auch die Bestochenen angeklagt werden, wenn es genügend Beweise gegen den Bestecher gibt. Ob man auch gegen Sharon selbst Anklage erheben werde, soll in den kommenden Wochen entschieden werden, so das Militärradio am Donnerstag.

Dalia Itzik, Fraktionschefin der oppositionellen Arbeiterpartei, hat Ministerpräsident Sharon nahegelegt, "sich zeitweilig von seinem Amt zu suspendieren", da er "in Bezug auf die öffentlichen Normen eine rote Linie überschritten hat".

"Tortur für das Land"

Doch der frühere Premierberater Eyal Arad wies darauf hin, dass die Polizei schon seit vier Jahren ergebnislos gegen Sharon ermittelt: "Das ist eine Tortur für das ganze Land, es ist Zeit, einen Abschluss zu finden - gibt es Beweise, die eine Anklage rechtfertigen, oder nicht?" Unabhängig von der "Insel-Affäre" ist Sharon auch wegen Geldern im Zwielicht, die zur Deckung von Wahlkampfschulden über ein Wiener Bawag-Konto überwiesen wurden. (red/APA/Ben Segenreich, DER STANDARD, Printausgabe, 22.1.2004)