"Mir ist klar, dass es da- bei zu Konflikten kommen kann", räumt er ein. Deshalb hat er seine Pistole meistens dabei. Das sichert ihm einen Dauerplatz in Österreichs voll gestopften Gefängnissen. (Und in Serbien lässt Böhmdorfer ja vorerst nichts bauen.) Die Aussichten, auf legalem Wege frei zu kommen, werden für Milan von Raub zu Raub trister. So probiert er es dann und wann einmal mit einem Ausbruch.
Älterer Bruder lebt angepasster
Der drei Jahre ältere Bruder Lazar lebt angepasster. Er arbeitet regelmäßig und versorgt eine Familie mit drei Kindern. Am 8. September aber befand er sich mittags an einem für ihn ungünstigen Ort: im Wilhelminenspital. "Ich wollte sehen, ob der neue Fluchtversuch meines Bruders gelingt", erklärt er. Im Handyzeitalter wundert niemanden, dass er davon wusste. Die Anklage geht freilich noch einen Schritt weiter und spricht von Fluchthilfe.
Milan befand sich in U-Haft und wollte seinen Prozess wegen eines Überfalls auf einen Wiener Schuhhändler verhindern. (Inzwischen wurde er deswegen zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt.) Zu diesem Zwecke brach er sich freiwillig einen Finger, um ins Spital zu gelangen. Noch von der Zelle aus organisierte er ein Fluchtauto, das an der Auffahrtsrampe des Krankenhauses wartete. Zwei weitere Helfer schummelten sich in den Pavillon 30 und bedienten dort die Justizwachebeamten mit ihrem Pfefferspray. Das war der Augenblick, in dem Milan losrannte. Doch ein Bewacher war übersehen worden. Er stoppte den Läufer nach wenigen Metern. Einer der Helfer sprang durch ein geschlossenes Fenster - und lebt heute vermutlich in Jugoslawien. Der andere wurde festgenommen: Bruder Lazar.