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Grafik: engholmengelhorn.com/red
Wien - Man muss der österreichischen Post, die jetzt (progressiv) irgendwie anders heißt, danken. Fehler, die (nicht nur) sie begeht, können ganz schön fruchtbar sein - und im Falle zweier Galerien zu einer Zusammenarbeit verhelfen. Zugegeben, "Engholm" und "Engelhorn" klingen ziemlich ähnlich, beide sind Galerien, und in Wien sind auch beide zu Hause. Also begab es sich, dass sie aufgrund der Lesefehler der Briefträger jeweils die Einladungen und Briefe des anderen bekamen und diese mit Kommentar an den richtigen Adressaten zurücksandten. Und so sich kennen lernten.

Seit kurzem kooperieren Kerstin Engholm und Klaus Engelhorn in Sachen zeitgenössische Kunst. Engelhorn betreibt weiter seine fast museal zu nennende, vor drei Jahren ins Leben gerufene Designgalerie am Ring, gibt seinen zweiten "Contemporary"-Raum auf und gestaltet mit Kerstin Engholm das Programm der "Engholm Engelhorn Galerie". Den zungenbrecherischen Namen, meint die seit vier Jahren ihr Galeriebusiness selbstständig führende Unternehmerin, finde sie witzig, fast slapstickartig.

Ihre Erfahrungen und Beobachtungen in den ersten vier Jahren fasst die Wienerin mit schwedisch-deutschen Wurzeln so zusammen: "Wien als Kunstplatz finde ich spannender als etwa Berlin. Es gibt eine unglaublich reiche Produktion, der die Rezeption ein wenig nachhinkt." Den massiven persönlichen Einsatz für diesen Beruf habe sie unterschätzt, sagt Engholm, deren gemeinsames Programm aus Künstlern ihrer Galerie und Vorschlägen Klaus Engelhorns weiterentwickelt wird.

Rückblickend ist die seit 1991 in Wien lebende, u. a. bei Anthony D'Offay/London und der Portfolio Kunst AG ausgebildete Galeristin zufrieden, stur auf junge Leute gesetzt und kein "secondary dealing" praktiziert zu haben. Dirk Skrebber fasst international enorm Fuß, Hans Schabus bekommt eine Riesen-Personale in Bregenz, Misha Stroj fand sie unter ihren Newcomern immens interessant. Kunst sei deshalb einzigartig, so die Galeristin, da das schwer einschätzbare Produkt sehr indi- vidualistisch ist und man quasi nachher erst den Markt dafür schaffen müsse - außer die Künstlermarke existiere bereits. Und um Vertrauen aufzubauen, brauche man Jahre.

Engholm & Engelhorn könne man auch als eine "Ideengemeinschaft" bezeichnen, mit stärkerem internationalem Engagement. Als zukünftige Projekte will Engholm bis dato die beiden L.A.-Künster Sam Durant und Dave Muller, derzeit ausgestellt, nennen.

Engholm fielen in letzter Zeit Sammler auf, die eine "mobile, unkomplizierte Kollektion bevorzugen - mit Videos und Filmen".

Die neue Galeriekooperation fand u. a. Einzug in die Soloschau des modernen Eklektikers Dave Muller. Engelhorns Design-Faible wird in einer leicht ironisierten Zeichnung aufgegriffen. Das Galerienlogo, das gespiegelte KEG, erscheint in einer Reihe 26-mal an der Wand - so viele Ausstellungen hat Kerstin Engholm bis dato konzipiert -, den Schluss bildet ein wieder umgedrehtes KEG, mit "hoch zwei" versehen. Musikfan Muller "crosst over", was das Zeug hält, gibt sonnige, witzige, unkomplizierte Kompilationen aus Plakatfragmenten/ Übermalungen, Plattencovers oder Beavis-&-Butthead-Zitaten. Um so spielerisch zu wirken, muss man schon sehr professionell sein. Bildideen, von bloßen Kopien bis zu abstrakten Notizen, liegen als Fake-Polaroids auf einem Tisch verstreut - zum Sammeln. (DER STANDARD, Printausgabe, 22.1.2004)