Paris - Der Pariser Senat hat in der Nacht auf Donnerstag ein umstrittenes Gesetz zur Reform des französischen Strafverfahrens genehmigt, das eine Reihe von Vereinfachungen für den Angeklagten im Falle eines Schuldbekenntnisses vorsieht. Wie im angelsächsischen Recht haben die Angeklagten dadurch die Möglichkeit, einem Prozess zu entrinnen, wenn sie sich schuldig bekennen. Auch wird das Höchstmaß des vorgesehenen Strafgeldes auf die Hälfte und das Höchstmaß der Haftstrafe auf ein Jahr reduziert.

Bekämpfung des organisierten Verbrechen

Dieses Sonderverfahren ist eine der Innovationen des Reformgesetzes zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens, das Justizminister Dominique Perben im Parlament eingebracht hat. Es soll insbesondere die Justizverfahren beschleunigen und die Wartezeiten in den überlasteten Gerichten verkürzen. Der Angeklagte kann ein vom Staatsanwalt vorgeschlagenes Strafmaß ohne Prozess annehmen. Ausgeschlossen sind Kapitalverbrechen wie Mord und Terrorakte. Der Angeklagte kann auch auf den Beistand eines Anwalts verzichten.

Kritik der Richter

Die Richtergewerkschaften und zahlreiche Anwälte stehen dem Reformgesetz kritisch gegenüber. Sie vertreten die Ansicht, dass der Verlauf der Justiz dadurch undurchsichtiger wird, weil der öffentliche Teil des Strafverfahrens, nämlich der Prozess, wegfalle. Dies sei insbesondere im Bereich der politischen Korruptions- und der Finanzskandale großer Unternehmen negativ für das Ansehen der Justiz, betonte Dominique Barella, Präsident der mehrheitlichen Richtergewerkschaft USM. Der Präsident der französischen Strafanwaltvereinigung, Jean-Yves Le Borgne, gab zu bedenken, dass die Rolle der Richter in dem Verfahren auf eine "reine Stempelarbeit reduziert" werde. (APA)