Bild nicht mehr verfügbar.

Grafik: Gentherapie mittels Viren

Grafik: APA/M. Hirsch
Wien - Eine neue Generation von Gentherapien gegen Tumoren zu entwickeln ist das Ziel eines neuen Christian Doppler (CD)-Labors, das in Kooperation der Veterinärmedizinischen Universität Wien (VUW) mit den Firmen Austrianova und Sanochemia eingerichtet wurde. Zur Therapie werden Viren als Gen-Fähren eingesetzt. Erstmals sollen sich diese in der Krebsgeschwulst auch vermehren und so möglichst alle kranken Zellen mit der gewünschten Genmanipulation gleichsam infizieren.

Viren müssen, um sich vermehren zu können, eine Zelle eines anderen Lebewesens befallen und diese so umprogrammieren, dass sie Virennachwuchs erzeugt. Bestimmte Viren, so genannte Retroviren, haben auch die Fähigkeit, ihr eigenes Erbgut in die DNA der Wirtszelle zu integrieren und so - wie etwa bei einer HIV-Infektion - lange Zeit unentdeckt und inaktiv zu bleiben.

Gen-Fähren

Viren als Vektoren oder Gen-Fähren einzusetzen, um bestimmte Genabschnitte künstlich in lebende Zellen einzuschleusen, ist bereits eine bekannte Technik. So können einerseits bestimmte Gendefekte behoben werden. Durch den Einbau von so genannten Selbstmordgenen etwa in Krebszellen ist es andererseits aber auch möglich, die befallenen Zellen zu kollektivem Selbstmord anzuregen.

"Allerdings wurden bisher aus Sicherheitsgründen solche Viren verwendet, die ihr Erbgut nur in eine Zelle einbringen", erklärte Walter Günzburg, Leiter des CD-Labors für gentherapeutische Vektorentwicklung und Professor am Forschungsinstitut für Virologie und Biomedizin an der VUW. Das hatte zur Folge, dass bei den Versuchen meist nur ein kleiner Teil der Tumor-Zellen infiziert wurde und die Therapieansätze ineffizient waren.

Manipulierter Vektor-Virus befällt ausschließlich bestimmte Zellart

Mit "konditional-replizierenden Vektoren" sieht die Sache allerdings anders aus. Mittlerweile schaffen es die Wissenschafter nämlich, den Vektor-Virus so zu manipulieren, dass er nur eine bestimmte Zellart, etwa ausschließlich Krebszellen befällt. Damit müsste den Viren auch die Fähigkeit zur Reproduktion nicht mehr - wie bisher - ausgetrieben werden, sie befallen ja nur noch selektiv bestimmte Zellen. Und wenn sie sich innerhalb eines Tumors vermehren und weitere kranke Zellen befallen, so wäre das nur von Vorteil. Selbst weit entfernte Sekundärgeschwulste - Metastasten - könnten damit mit einem Schlag erreicht werden.

Eingepflanzt werden den Retroviren zu Beginn der ganzen Prozedur im Prinzip zwei Genabschnitte, ein so genanntes therapeutisches Gen und ein Steuerungsgen, das die Selektivität des Virus für bestimmte Zellen bewerkstelligt. Das therapeutische Gen für Zellselbstmord kommt erst zum Einsatz, wenn möglichst alle Krebszellen über die Viren mit den Genen versorgt wurden. Dann bekommt der Patient nämlich ein Medikament, das den Selbstmord in allen betroffenen Zellen hervorruft. Hat alles funktioniert, so wäre der Krebs damit auf einen Schlag eliminiert.

Probleme

Im Tierversuch funktioniert die Methode bereits mehr oder weniger, aber es gibt auch noch Probleme. "Sonst hätten wir ja nichts mehr zu forschen", so Günzburg. So muss, um die Infektion der Krebszellen möglichst einfach zu machen, das Immunsystem des Patienten ausgeschaltet werden, was natürlich nicht unproblematisch ist. In Versuchen dauert es bisher etwa sieben Tage, bis alle fraglichen Krebszellen das Gen in sich tragen.

Die Wiener Forscher sind aber zuversichtlich, die Zeit durch die Auswahl neuer Virenstämme und -arten zu verkürzen. Zusätzlich gibt es Bestrebungen, dass für die Infektion mit den modifizierten Retroviren nur bestimmte Teile des Immunsystems ausgeschaltet werden müssen, damit wäre die Gefahr für den Patienten ebenfalls geringer. Bei komplett unterdrücktem Immunsystem könnten sich nämlich verschiedenste andere Infektionen oder Krankheiten breit machen.

CD-Labors sollen gezielt zwischen Wissenschaft und Wirtschaft vermitteln. Sie werden auf maximal sieben Jahre eingerichtet. Die Finanzierung erfolgt zur Hälfte durch die öffentliche Hand, zur anderen durch die beteiligten Firmen. (APA)