Das Bild bleibt dem Sprechen (und dem Archivgedanken) untergeordnet: "Leben und Überleben" im Filmcasino.

Montage: derStandard.at/Fotos: Sixpack
Wien – Am Ende steht die "Heimkehr": Noch vor nicht allzu langer Zeit habe sie in der Straßenbahn ein Fahrgast, der ihre Lagernummer gesehen hatte, gefragt, warum sie nicht nach Hause fahre, sagt Regine Chum. Zu Hause ist sie in Wien, ebendort 1923 geboren als Tochter eines österreichisch- jüdischen Ehepaares, in den 40er-Jahren schloss sie sich einer Widerstandsgruppe an, 1944 wurde sie zunächst nach Auschwitz-Birkenau und dann weiter nach Ravensbrück deportiert. Ihre Geschichte ist eine von sechs, die jetzt im Kino Vom Leben und Überleben erzählen.

Die Videodokumentation ist als Teil eines größeren Projekts entstanden: Für ihre wissenschaftliche Studie gleichen Titels führten Helga Amesberger und Brigitte Halbmayr vom Institut für Konfliktforschung ausführliche Interviews mit Überlebenden des Konzentrationslagers Ravensbrück. Aus diesen insgesamt mehr als 200 Stunden „Oral History“ wählten Bernadette Dewald und Gerda Klingenböck Erzählungen von sechs Frauen aus, die nun im Film ihr Leben schildern.

Dabei setzt sofort die Differenzierung ein: Regine Chum, Antonia Bruha, Katharina Thaller, Aloisia Hofinger, Rosa Winter und Helene Igerc wurden aus ganz unterschiedlichen Gründen nach Ravensbrück verbracht – als Widerstandskämpferinnen, aus rassistischen Gründen, oder wegen der Beziehung zu einem polnischen Zwangsarbeiter.

Vom Leben und Überleben bleibt formal ganz auf seine Protagonistinnen konzentriert. Konsequent durchgehalten wird dabei der Verzicht auf jegliche Illustrierung des Gesagten, auch der jeweilige Umraum bleibt weitgehend ausgespart. Das Konzept wird allerdings durch die unterschiedliche Kameraführung und Kadrage auch wieder aufgeweicht. Das Bild bleibt dem Sprechen (und dem Archivgedanken) untergeordnet.

Was sich also vor allem einprägt, sind die Frauen und ihre Rede, der Klang ihrer Stimmen und der je eigene Tonfall – wo es schließlich unter anderem auch um die Erfahrung des "Nicht-darüber- reden-Könnens" und des "solange wir leben, werden wir reden" geht. (DER STANDARD, Printausgabe, 24./25.1.2004)