Bild nicht mehr verfügbar.

Permier Blair kämpft um die Erhöhung der Studiengebühren. Doch zahlreiche Labour-Abgeordnete sind von den Maßnahmen ihres Parteichefs nicht überzeugt.

Foto: Reuters/Waldie
Ein Karikaturist sieht es so: Tony Blair tastet sich durch eine Schlucht, sieht Licht in der Ferne, doch bevor er freies Feld erreicht, lauert von oben Gefahr. Zwei Felsbrocken drohen hinabzurollen. Auf dem ersten Stein steht "Studiengebühren", auf dem zweiten der Name "Hutton".

Übertreibung oder nicht, Blair steht eine Schicksalswoche bevor. Am Dienstag stimmt das Londoner Unterhaus über ein zentrales Labour-Reformprojekt ab, die Erhöhung der Studiengebühren auf bis zu 3000 Pfund im Jahr. Sowohl von der Opposition als auch aus den eigenen Reihen pfeift Blair der Wind ins Gesicht. Nicht auszuschließen, dass er verliert, obwohl seine Partei die Parlamentskammer mit über 60 Prozent der Sitze klar beherrscht. Am Mittwoch dann veröffentlicht Lord Brian Hutton seinen Untersuchungsbericht über die Gründe des Selbstmords von David Kelly. Kelly, Biowaffenspezialist und Irak-Experte, schnitt sich im Juli die Pulsadern auf, zerrieben im Clinch zwischen der Regierung und der BBC.

Der Rundfunksender hatte Blair vorgeworfen, ein Irak- Waffen-Dossier als besonders bedrohlich präsentiert zu haben, woraufhin Blairs Mannen zu wütenden Gegenattacken bliesen. Als sie erfuhren, dass Kelly die Quelle des Berichts war, spielten sie seinen Namen der Presse zu. Der stille Mikrobiologe, so das Kalkül, sollte die BBC Lügen strafen.

War es Blair, der Kelly in die Öffentlichkeit zerrte? Oder trifft allein seine Mitstreiter, Campbell und den Verteidigungsminister Geoff Hoon, die Schuld? Das sind die Fragen, die Hutton beantworten muss. Kreidet er dem Premier das Namensleck an, kann es für diesen eng werden – und im schlimmsten Fall riecht es sogar nach Rücktritt.

Es kann so kommen, muss aber nicht. Hutton gilt als vorsichtiger Jurist. Nach allem, was er bislang verlauten ließ, zieht er die Grenzen seiner Ermittlungen eng: Es geht ihm um die Klärung der Umstände von Kellys Tod, weniger um die brisantere Frage, ob Großbritannien auf der Grundlage einer Lüge in den Krieg zog.

Aber man kann sich täuschen, und Blair selbst weiß genau, dass ein Damoklesschwert über ihm schwebt. Kein Zweifel, der Hutton-Bericht sei ein Test seiner Ehr 5. Spalte lichkeit, räumte er in einem Interview ein. Auf dem Prüfstand stehe seine Integrität. "Haben wir diese Informationen erhalten und den Leuten korrekt weitergegeben? Ich glaube, das haben wir."

Blair hat laut Financial Times vom Montag vor dem Irakkrieg auch befürchtet, dass Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac ihn "zur Strecke bringen" wolle, weil er befürchtet habe, dass Blair ihm die Rolle als europäische Führungsfigur abspenstig machen wollte. (DER STANDARD, Printausgabe, 27.1.2004)