Nach der Beschlussfassung der ersten Etappe der Steuerreform 2004/05 im Sommer 2003 (BGBl I 2003/71) hat die österreichischen Bundesregierung am 9. Jänner 2004 überraschend schnell auch die Eckpfeiler der 2. Etappe dieser Steuerreform vorgestellt. Nachfolgend finden Sie einen Überblick über die geplanten Änderungen, soweit sie bis Mitte Jänner 2004 bekannt waren.[1] Die Beschlussfassung im Parlament soll bis Juni 2004 erfolgen. Die Neuerungen sollen überwiegend ab 2005 in Kraft treten. Einige Maßnahmen (nämlich die Anhebung der Zuverdienstgrenze und die Einführung von Kinderzuschlägen beim Alleinverdienerabsetzbetrag sowie die Anhebung des Pendlerpauschales) sollen schon auf 2004 vorgezogen werden (wirksames Volumen 250 Mio Euro).

Das Volumen der 2. Etappe soll über 2,5 Mrd Euro betragen, sodass sich unter Einbeziehung des Volumens der 1. Etappe in Höhe von rd. 0,5 Mrd Euro eine Gesamtentlastung in Höhe von über 3 Mrd Euro ergeben wird.

1. Maßnahmen für Einkommensteuerpflichtige
1.1. Reform des Einkommensteuer-/Lohnsteuertarifes

Der Einkommensteuertarif soll neu gestaltet werden (und zwar als Durchschnittssteuersatztarif). Dabei sollen alle Einkommensteuerpflichtigen mit insgesamt rd 1,1 Mrd Euro entlastet werden. Das bedeutet, dass lt BMF-Angaben

  • bei Arbeitnehmern ohne Alleinverdienerabsetzbetrag ca 15.770 Euro Jahresbruttoeinkommen steuerfrei wären (2004 sind 14.500 Euro steuerfrei);
  • bei den Selbständigen 10.000 Euro Jahresbruttoeinkommen steuerfrei wären (2004 sind 8.888 Euro steuerfrei);
  • bei Pensionisten 13.500 Euro Jahresbruttoeinkommen steuerfrei wären (2004 sind 12.500 Euro steuerfrei).

Im Ergebnis heißt das, dass von 5,9 Mio Steuerpflichtigen rd 2,55 Mio Steuerpflichtige ab 1.1. 2005 keine Lohn- und Einkommensteuer bezahlen werden.

Anlässlich der Vorstellung der Steuerreform am 9.1. 2004 wurde der neue, ab 2005 geltende Einkommensteuertarif wie folgt dargestellt:

Einkommen in € Steuer in € Steuersatz in %
bis 10.000 0 0,00%
bei 25.000 5.750 23,00%
bei 51.000 17.085 33,50%

a) Einkommen (bei Lohnsteuerpflichtigen ohne 13./14. Bezug) nach allen Abzügen wie zB Sozialversicherungsbeiträge, Werbungskosten, Sonderausgaben. Bei Lohnsteuerpflichtigen wird der 13./14. Bezug wie bisher besteuert.

b) Einkommensteile über 51.000 € werden mit einem Steuersatz von 50% besteuert, der Durchschnittsteuersatz beträgt auch bei sehr hohen Einkommen über 51.000 € immer deutlich weniger als 50%.

Der allgemeine Absetzbetrag ist in den Tarif bereits eingearbeitet. Die speziellen Absetzbeträge (Verkehrsabsetzbetrag 291 Euro, Arbeitnehmerabsetzbetrag 54 Euro, Pensionistenabsetzbetrag 400 Euro) bleiben unverändert, jedoch werden Kinderzuschläge beim Alleinverdiener(erzieher)absetzbetrag (derzeit 364 Euro) eingeführt (siehe unten Punkt 1.3.).

Die Einkommensteuer wird nach dem neuen Tarif wie folgt berechnet:

Einkommen (Eink) in € Formel zur Berechnung der Einkommensteuer Alternative Darstellung der Formel zur Berechnung der Einkommensteuer
bis 10.000 Steuer = 0  
von 10.000 bis 25.000 (Eink – 10.000) * 5.750/15.000 a) (Eink – 10.000) * 38,333%
von 25.000 bis 51.000 5.750 + (Eink – 25.000) * 11.335/26.000 b)  
über 51.000 17.085 + (Einkommen – 51.000) * 50% 5.750 + (Eink – 10.000) * 43,596%

 a) 5.750/15.000 = 38,333% b) 11.335/26.000 = 43,596%

Beispiel:

Einkommen 30.000 €, kein Alleinverdiener

a) ArbeitnehmerIn:
5.750 + (30.000 – 25.000) * 11.335/26.000 = 7.930
abzüglich Verkehrs- und Arbeitnehmer-  
absetzbetrag (291 € + 54 €) = - 345
Steuer (für laufenden Bezug 7.585

b) PensionistIn:  
5.750 + (30.000 – 25.000) * 11.335/26.000 = Pensionistenabsetzbetrag  
(ist ab 21.800 € nicht mehr zu berücksichtigen) - 0
Steuer (für laufenden Bezug) 7.930

Eine nähere Analyse des neuen Einkommensteuertarifs zeigt folgendes Ergebnis (wenn im Folgenden von Einkommen gesprochen wird, handelt es sich dabei immer um das normal steuerpflichtige Einkommen nach allen Abzügen wie zB Sozialversicherungsbeiträgen, Werbungskosten, Sonderausgaben, bei Lohnsteuerpflichtigen auch ohne den nur mit 6% besteuerten 13./14. Bezug):

  • Der neue Einkommensteuertarif ist letztlich – wie der bisherige Tarif (§ 33 Abs 1 EStG) – wieder ein Stufentarif (siehe Grafik 1 - Grenzsteuersätze 2003 und 2005), er soll nur künftig im EStG in anderer Form als bisher dargestellt werden, nämlich durch Angabe der Steuerbeträge und der Durchschnittssteuersätze für das Ende der jeweiligen Tarifstufe, also für Einkommen von 25.000 Euro und 51.000 Euro. Die Steuer kann dann – wie oben dargestellt – für Einkommen zwischen 10.000 und 51.000 Euro durch Aliquotierung des für die einzelnen Stufen angegebenen Steuerbetrages errechnet werden. Für Einkommen ab 51.000 Euro soll wieder der (unveränderte) Spitzensteuersatz von 50% angegeben werden.
  • Stellt man den neuen Einkommensteuertarif – seinem Wesen entsprechend – als Stufentarif dar, so hat er vier Stufen mit folgenden (Grenz-)Steuersätzen: Einkommen in € Steuersatz (= Grenzsteuersatz) bis 10.000 0 % von 10.000 bis 25.000 38,3333% (= 5.750/15.000) von 25.000 bis 51.000 43,5962% (= 11.335/26.000) über 51.000 50 %

Einkommen in € Steuersatz (= Grenzsteuersatz)
bis 10.000 0 %
von 10.000 bis 25.000 38,3333% (= 5.750/15.000)
von 25.000 bis 51.000 43,5962% (= 11.335/26.000)
über 51.000 50 %
  • Der bisherige Einkommensteuertarif hat in der vergleichbaren Darstellung laut § 33 Abs 1 EStG fünf Stufen, die allerdings durch komplizierte, vor allem durch die Steuerreform 2000 eingeführte Einschleifregelungen des allgemeinen Steuerabsetzbetrages (§ 33 Abs 3 EStG)[2] überlagert werden, wodurch sich zusätzliche Tarifstufen ergeben und die effektiven Grenzsteuersätze – abgesehen vom Spitzensteuersatz von 50% – teilweise beträchtlich von den im § 33 Abs 1 EStG angeführten (Grenz-)Steuersätzen (0%, 21%, 31%, 41%) abweichen (siehe Grafik 1) . Ein Vergleich der effektiven Grenzsteuersätze 2003, 2004 und 2005 (ab einem Einkommen von 10.000 Euro und unter Berücksichtigung der Einschleifregelungen des allgemeinen Steuerabsetzbetrages) kann der folgenden Tabelle entnommen werden (für eine exakte Berechnung 2003 und 2004 siehe auch Tabelle der Effektivsteuersätze in Rz 1406 LStR 2002):

Einkommen in Euro*) effektive Grenzsteuersätze in %
von ca, bis ca, bis 2003 ab 2005 2004 ab 2005
10.000 10.900 22,37615 38,33333 38,50000 38,33333
10.900 14.500 31,99064 38,33333 38,50000 38,33333
14.500 15.000 35,01872 38,33333 38,50000 38,33333
15.000 18.200 35,01872 38,33333 35,00000 38,33333
18.200 21.800 32,92731 38,33333 35,00000 38,33333
21.800 25.000 45,50040 38,33333 45,50004 38,33333
25.000 35.400 45,50040 43,59615 45,50004 43,59615
35.400 51.000 41,00000 43,59615 41,00000 43,59615
ab 51.000   50,00000 50,00000 50,00000 50,00000

*) Die Tarifstufen sind auf ganze 100 € gerundet. Der Spitzensteuersatz von 50% beginnt beim Tarif 2003 und 2004 ab 50.870 Euro, beim neuen Tarif erst ab 51.000 Euro.

  • Der Vorteil des ab 2005 geltenden neuen Tarifs besteht in seiner Einfachheit, die sich aus einer Reduktion der bisherigen Tarifstufen ergibt (als Folge der Reduktion der nominellen Tarifstufen von fünf auf vier und vor allem als Folge des Wegfalls des allgemeinen Steuerabsetzbetrages und seiner komplizierten, progressionsverschärfenden Einschleifregelung, die beim effektiven Grenzsteuersatz zu zusätzlichen Progressionsstufen geführt hat). Der allgemeine Steuerabsetzbetrag wurde mit seiner Funktion, kleine Einkommen vollständig steuerfrei zu stellen, in die steuerfreie Zone des Tarifs eingearbeitet. Die steuerfreie Einstiegszone wurde dabei auf Einkommen von bis zu 10.000 Euro erweitert (wodurch lt BMF-Angaben von 5,9 Mio Steuerpflichtigen rd 2,55 Mio Steuerpflichtige ab 1.1. 2005 lohn- und einkommensteuerfrei gestellt werden).
  • Allerdings ergeben sich beim neuen Tarif – wie die vorstehende Tabelle zeigt – sowohl im Vergleich 2003 auf 2005 als auch im Vergleich 2004 auf 2005 in einigen (durchaus erheblichen) Tarifbereichen höhere Grenzsteuersteuersätze als bisher (die jeweils höheren Grenzsteuersätze sind in der obigen Tabelle grau hinterlegt). In diesen Bereichen (beim Vergleich 2003 auf 2005 bei steuerpflichtigen Einkommen zwischen 10.000 und 21.800 Euro und zwischen 35.400 und 51.000 Euro) tritt daher eine gewisse Progressionsverschärfung ein. In anderen Bereichen (beim Vergleich 2003 auf 2005 für Einkommen zwischen 21.800 und 35.400 Euro und natürlich für die steuerfrei gestellten Einkommen unter 10.000 Euro, beim Vergleich 2004 auf 2005 überdies für Einkommen zwischen 10.000 bis 15.000 Euro) tritt durch die Senkung der effektiven Grenzsteuersätze eine Progressionsmilderung ein (siehe Grafik 1).
  • Diese teilweise Progressionsverschärfung und Progressionsmilderung zeigt sich auch in der Entlastungswirkung des neuen Tarifs (Vergleich 2003 – 2005; siehe die nachfolgend abgedruckte BMF-Tabelle für Arbeitnehmer ohne Alleinverdiener- bzw Alleinerzieherabsetzbetrag; ( siehe auch Grafik 2 - Steuerminderung 2005 zu 2003) :[3] Die Maximalentlastung, die sich lt BMF-Tabelle (siehe unten) bei einem Einkommen von 11.000 Euro mit rd 671 Euro ergibt, sinkt bis zu einem Einkommen von 22.000 Euro auf rd 145 Euro ab (daher Verschärfung der Progression in diesem Bereich), steigt anschließend bis zu einem Einkommen von 35.000 Euro wieder auf rd 550 Euro an (daher Milderung der Progression zwischen rd 22.000 Euro und rd 35.000 Euro), um schließlich wieder auf rd 165 Euro ab einem Einkommen von 51.000 Euro abzusinken (daher Verschärfung der Progression ab rd 35.000 Euro bis 51.000 Euro).
  • Unabhängig davon tritt – durch die breitere Nullzone des Tarifs – für alle Steuerpflichtigen eine Nettoentlastung (lt BMF-Tabelle in einer Bandbreite zwischen 671 Euro und 145 Euro pa) ein ( siehe auch Grafik 3 - Durchschnittssteuersätze 2003 u 2005).

1.2. Erhöhung der Absetzgrenze für Kirchenbeitrag

Die Absetzbarkeit des Kirchenbeitrages wird von derzeit 70 Euro auf 100 Euro angehoben (Kosten 30 Mio Euro).

1.3. Einkommensstärkung für Familien – Einführung eines Kinderzuschlags zum Alleinverdiener(erzieher)absetzbetrag Es wird ein Kinderzuschlag zum Alleinverdiener(erzieher)absetzbetrag eingeführt, wobei folgende Staffel vorgesehen ist (Kosten 200 Mio Euro):

  • Für das erste Kind 130 Euro,
  • für das zweite Kind 175 Euro und
  • für das dritte und jedes weitere Kind 220 Euro.

Laut Pressemeldungen soll der Kinderzuschlag auch als Negativsteuer ausbezahlt werden. Des weiteren wird die Zuverdienstgrenze beim Alleinverdienerabsetzbetrag mit Kind deutlich – nämlich von 4.400 Euro auf 6.000 Euro – angehoben (Kosten 30 Mio Euro).

1.4. Anhebung Pendlerpauschale

Das Pendlerpauschale wird generell um 15% angehoben (Kosten 20 Mio Euro).

2. Maßnahmen für Unternehmen in der Rechtsform von Kapitalgesellschaften

Ziel der Maßnahmen bei der Unternehmensbesteuerung ist eine Attraktivierung des Wirtschafts- und Arbeitsstandortes zur Stärkung der Investitionen und Schaffung von Arbeitsplätzen.

2.1. Körperschaftsteuersatz

Der Körperschaftsteuertarif wird von derzeit 34% auf 25% abgesenkt. Die Bemessungsgrundlage wird durch Abschaffung der Eigenkapitalzuwachsverzinsung sowie der Abschaffung der steuerfreien Übertragung stiller Reserven (§ 12 EStG) verbreitert. Die Kosten betragen netto 975 Mio Euro. Für Kapitalgesellschaften ergibt sich demnach folgende Gesamtsteuerbelastung:

  bis 2004 bis 2005
steuerpflichtiger Gewinn 100,00 100,00
Körperschaftsteuer - 34,00 - 25,00
Gewinn nach KöSt (= mögliche Gewinnausschüttung) 66,00 75,00
25% KESt bei Ausschüttung - 16,50 - 18,75
Gewinn nach Steuern bei Ausschüttung 49,50 56,25
Steuerbelastung gesamt 50,50% 43,75%

2.2. Gruppenbesteuerung

An Stelle der bestehenden Organschaftsregelung tritt eine moderne, international attraktive Gruppenbesteuerung (Kosten 100 Mio Euro). Details dazu liegen derzeit noch nicht vor.

2.3. Versicherungstechnische

Rückstellungen Die steuerliche Abzugsfähigkeit bestimmter versicherungstechnischer Rückstellungen wird verbessert (Aufkommensminderung auf Dauer 25 Mio Euro). 3. Sonstige Maßnahmen

3.1. Abschaffung von Bagatellsteuern bzw Senkung von Steuern

Die Schaumweinsteuer wird abgeschafft und die Biersteuer soll abgesenkt werden.

3.2. Agrardiesel

Für die Landwirtschaft benötigter Treibstoff (Diesel) soll günstiger besteuert werden (Kosten netto 50 Mio Euro).

[1] Informationsgrundlage sind vor allem eine 6-seitige Information des BMF („Die wesentlichen Eckpfeiler der Steuerreform 2005“, veröffentlicht auf der BMF-Homepage) sowie diverse Pressemeldungen.

[2] Diese wurden durch die 1. Etappe der Steuerreform 2004/05 (BGBl I 2003/71) deutlich vereinfacht.

[3] Diese Grafik, die auf der Grundlage einer Excel-Tabelle mit Einkommensschritten von 100 Euro erstellt wurde, zeigt – im Vergleich zur BMF-Tabelle, die nur 1.000 Euro-Schritte aufweist – noch höhere bzw niedrigere Entlastungsbeträge, als die BMF-Tabelle.