Betont harmonisch lobten Kanzler Wolfgang Schüssel und Vizekanzler Hubert Gorbach am Dienstag die Steuerreform. Zur Harmonisierung der Pensionssysteme äußerten sie sich weniger gern.

Die berechneten hohen Mehrkosten für das einheitliche Pensionssystem seien "zu sehr durch die Beamtenbrille gesehen", glaubt die FPÖ. Und will nach wie vor für alle Altersgruppen, nicht nur für unter 35-Jährige, harmonisieren. Jörg Haider will das sogar rückwirkend.

Wien – Die ÖVP scheint sich zu früh gefreut zu haben. Klubchef Wilhelm Molterer sah sich durch Berechnungen eines von der Regierung beauftragten Experten bestätigt, dass die Harmonisierung der Pensionssysteme nur für unter 35-Jährige günstiger käme. Der Koalitionspartner FPÖ allerdings zweifelt die Berechnungen massiv an.

"Diese Rechnungen scheinen mir ein bisschen zu stark durch die Beamtenbrille gesehen", argumentierte Sozialstaatssekretärin und FPÖ-Chefin Ursula Haubner im STANDARD-Gespräch ihre Zweifel damit, dass von der für den öffentlichen Dienst günstigsten Variante ausgegangen wurde. Also etwa Beamten die bisherigen Jubiläumsgelder und zusätzlich Abfertigung zugestanden würde. Beides werden Beamten nicht bekommen, legt sich Haubner fest: "Das kann es nicht geben."

Zudem steht in der Berechnung, dass die Harmonisierung für unter 35-Jährige 1,5 Milliarden Euro pro Jahr koste, weil der Bund Dienstgeberbeiträge für Beamte zahlen müsse. Allerdings ist nicht gegengerechnet, dass damit der Bundeszuschuss zu Beamtenpensionen sinkt.

Haider sammelt Unterschriften

Jörg Haider tönte aus Kärnten dazu: "Die Harmonisierung muss rasch kommen, weil ein Auseinanderdriften der Pensionsschere nicht vertretbar ist." Er verfolgt in Kärnten die Unterschriftenaktion für sein eigenes Landes-Harmonisierungsmodell – und will zur Bundesebene nur so viel sagen: "Jetzt schauen wir uns einmal verschiedene Modelle an. Die Vorgangsweise haben wir so besprochen, dass egal, wann die Harmonisierung auf Bundesebene kommt, sie rückwirkend ab Anfang 2004 gelten muss."

Haubner will beim nächsten runden Tisch am Samstag die Rechnung diskutieren. Sie favorisiert nach wie vor die Stichtagsregelung – dass das einheitliche Pensionssystem ab einem Stichtag für alle Altersgruppen gelten soll: "Das bringt Vorteile, weil dann alle rasch im neuen System sind." Und eines müsse klar sein: "Die Harmonisierung wird am Anfang etwas kosten."

ÖVP: Kosten bremsen

Viel aber nicht, konterte für die ÖVP Arbeitsminister Martin Bartenstein. Die Harmonisierung dürfe nur "zu sehr überschaubaren" Mehrkosten führen. Viel mehr wollte Bartenstein nicht sagen. Kanzler Wolfgang Schüssel sagte überhaupt nur: "Das Thema des Tages heißt Steuerreform."

Pensionsexperte Bernd Marin rechnete dennoch nicht die Steuerreform, sondern die Harmonisierung. Er glaubt, dass die Harmonisierung via Stichtagsregelung bis 2013 "geringfügige Mehrkosten" von 77 Millionen Euro verursachen würde – schon 2023 aber einen Überschuss von 70 Millionen, bis 2033 steige dieser Überschuss auf 413 Millionen Euro. (Eva Linsinger/Elisabeth Steiner/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.1.2004)