Jerusalem - Israel hat am Dienstag im Internet die Namen der Gefangenen veröffentlicht, die am Donnerstag gegen Geiseln der schiitischen Hisbollah-Miliz ausgetauscht werden sollen. Aufgeführt werden die Namen von 371 von Militärgerichten verurteilten Palästinensern, von 60 ohne Anklage festgehaltenen Palästinensern sowie von 30 Bürgern des Libanon und anderer arabischer Staaten. Israel wird zudem die Gebeine von 59 militanten Libanesen übergeben, die bei Kämpfen im Süden des Libanon getötet worden waren. Im Gegenzug will die Hisbollah den israelischen Geschäftsmann Elhanan Tannenbaum frei lassen sowie die Leichen dreier getöteter israelischer Soldaten übergeben.

Unter den auszutauschenden Gefangenen sind auch die prominenten Hisbollahführer Mustafa Dirani und Scheich Abdel Karim Obeid, die 1994 beziehungsweise 1989 von Israel entführt wurden. Dirani erschien am Dienstag vor einem israelischen Gericht, weil er die Regierung wegen der Misshandlung von Häftlingen angeklagt hatte. Er verlangt sechs Millionen Schekel (1,070 Mill. Euro) Schmerzensgeld, weil er bei Verhören von Geheimdienstmitarbeitern vergewaltigt und gequält worden sei.

Dirani gilt als Schlüsselfigur für die Aufklärung des Schicksals von Ron Arad, Israels berühmtestem Vermissten. Der Hisbollahführer soll den israelischen Luftwaffenpiloten nach dessen Abschuss 1986 zwei Jahre in seiner Gewalt gehabt und anschließend nach israelischer Darstellung an den Iran verkauft haben. "Das ist eine Lüge", sagte er am Dienstag. "Ich habe ihn nicht in den Iran geschickt." Im Zusammenhang mit dem Gefangenenaustausch erklärte sich die Hisbollah am Wochenende bereit, bei der Suche nach dem seit 17 Jahren vermissten Arad zu helfen.

Auf der Liste steht auch der Deutsche Steven Smyrek, der für die Hisbollah spioniert haben soll. Smyrek sollte nach offiziellen Angaben am Dienstagnachmittag zusammen mit den arabischen Häftlingen zunächst in ein Gefängnis in Zentralisrael verlegt und am Donnerstag an einen noch unbekannten Ort in Deutschland ausgeflogen werden - der Gefangenenaustausch war unter deutscher Vermittlung zu Stande gekommen. Die Palästinenser sollen direkt ins Westjordanland beziehungsweise in den Gazastreifen abgeschoben werden.

Unterdessen traf der ägyptische Außenminister Ahmed Maher in Ramallah mit dem palästinensischen Präsidenten Yasser Arafat zusammen, um auf ein Ende der Angriffe gegen Israelis zu dringen. Es war nach wochenlangem diplomatischen Stillstand der erste Schritt zur Wiederbelebung des Friedensprozesses. Der palästinensische Kabinettsminister Saeb Erekat sprach im Anschluss von einem "bedeutenden Besuch". Der palästinensische Ministerpräsident Ahmed Korei scheiterte bisher mit den Bemühungen um eine Waffenruhe, einer Vorbedingung für die Umsetzung des internationalen Friedensplanes (Road Map).

Auch die Beamten des US-Außenministeriums David Satterfield und John Wolf sollen in dieser Woche zu Gesprächen über die Road Map eintreffen. Wolf, der die Umsetzung des Stufenplanes überwachen soll, hatte seine Mission nach dem Angriff auf einen US-Konvoi im Gazastreifen am 15. Oktober abgebrochen. Damals waren drei amerikanische Sicherheitsbeamte getötet worden. (APA/AP)