Paris - Das Geheimnis der ominösen Firma Rodart, die just vor Weihnachten 2003 das führende Pariser Auktionshaus Tajan dem Luxuskonzern LVMH (Moët Hennessy Louis Vuitton) abkaufte, ist nun gelüftet.

Die US-Finanzberaterin Rodica Seward gründete die Firma Rodart für die Übernahme des Hauptteils der Aktien von Tajan, die sie von LVMH Art & Auctions übernommen hatte. Rodica Seward stockte auch das Kapital auf, das sich zum Zeitpunkt des Bilanzabschlusses des Jahres 2002 auf 72.320 Euro belief, d.h. 452 Aktien im Werte von je 160 Euro.

Leitender Funktion Platinum Equity

Seward arbeitete bisher in leitender Funktion im Rahmen des 1995 in Los Angeles gegründeten Finanzberatungsunternehmens Platinum Equity, wo 15.000 Angestellte weltweit 600.000 Kunden, vorwiegend Investmentbanken und Telekommunikationsfirmen, betreuen.

Die gebürtige Rumänin studierte in den USA Architekturdesign und Unternehmensverwaltung. Sie agiert besonders in Osteuropa, Deutschland und Asien. Bei Tajan wird sie (wesentlich aktiver als LVMH) die finanzstrategische Linie bestimmen.

Jacques Tajan zieht sich zurück

Der Gründer des Auktionshauses, Jacques Tajan (63), zieht sich aus der Verwaltung seines Unternehmens zurück, bleibt aber als Auktionator tätig. Er überlässt seinem 41-jährigen Sohn François den Vorsitz im Verwaltungsrat der Aktiengesellschaft Tajan (an der LVMH Art & Auctions einen geringen Anteil behält).

François und Jacques Tajan sind bereits seit der Übernahme durch LVMH Angestellte des Hauses Tajan. Neben der - bemerkenswerten - Tatsache, dass Bernard Arnault quasi definitiv aus dem Kunstmarktsektor aussteigt, weil dieser einfach nicht rentabel genug ist, stellt man sich natürlich die Frage, warum LVMH das umsatzstärkste Pariser Auktionshaus, das 68,4 Mio. Euro Jahresumsatz für 2003 angibt, verkauft.

Keine ausgeglichene Bilanz

Die Antwort geben die Bilanzen: Tajan treibt mit dem eigenen, in einem Art-déco-Gebäude untergebrachten Auktionshaus und den Prestigeauktionen einen so spektakulären Aufwand, dass das Haus keine ausgeglichene Bilanz aufweist.

Die roten Zahlen blieben für den Jahresabschluss 2002 unter einer Million Euro. Eine nicht sehr bedeutende Zahl im Verhältnis zum "versteigerten Umsatzvolumen" von 68,4 Millionen Euro für 2003. Aber: Das Umsatzvolumen setzt sich aus der Summe sämtlicher Auktionsergebnisse des Jahres zusammen.

Umsatz ist nicht gleich Umsatz

Der eigentliche, "ausgewiesene Umsatz" jedes Auktionshauses ist jedoch nur der Betrag, der sich aus den Provisionen - der Verkäufer und der Käufer - addiert und der nur etwa ein Viertel des "versteigerten Umsatzvolumens" ausmacht. Wovon sämtliche Unkosten bestritten werden.

Um einen Vergleich anstellen zu können, befragte DER STANDARD den Europa-Präsidenten von Christie's, François Curiel, ob Christie's France aus den roten Zahlen heraus sei.

Curiel bejahte zwar, sein Finanzdirektor lenkte jedoch ein, dass er sich dessen nicht so sicher sei. Bei den Beträgen, die am Kunstmarkt umgewälzt werden, sind die Gewinne geringer, als man annehmen könnte. (DER STANDARD Printausgabe, 29.01.2004, Olga Grimm Weissert)