Wien - Im Sog des aktuellen Sorgerechtsfalles wollen sich nun alle politischen Parteien dafür einsetzen, Kinderrechte auch in Österreich in den Verfassungsrang zu heben. Justizminister Dieter Böhmdorfer (FP) setzte Donnerstag eine Expertenkommission ein, die Vorschläge ausarbeiten soll, um Eskalationen wie im Fall Christian zu vermeiden.

Böhmdorfers Vorschlag, dass künftig bei jeder Kindesübergabe der zuständige Richter anwesend sein solle, wurde vorsichtig positiv aufgenommen. Die Präsidentin der Richtervereinigung, Barbara Helige, wies darauf hin, dass es auch Fälle gebe, in denen sich Kinder etwa vor dem Richter fürchteten. Als wünschenswert bezeichnete Helige den Plan, für betroffene Kinder einen eigenen Anwalt vorzusehen.

Rechte einklagbar

Die SPÖ-Kinder- und Jugendsprecherin Gabriele Heinisch-Hosek forderte Donnerstag einmal mehr die Verankerung von Kinderrechten in der Verfassung. Auch Familienstaatssekretärin Ursula Haubner (F) sprach sich anlässlich des aktuellen Falles dafür aus. Die Forderung ist freilich nicht neu, auch Grüne und ÖVP haben sich in der Vergangenheit immer wieder dafür eingesetzt. Damit würden viele Artikel, wie zum Beispiel das Recht auf freie Meinungsäußerung oder das Recht auf körperliche und seelische Unversehrtheit auch für Kinder einklagbar.

Obwohl der politische Wille einhellig ist, fallen Kinderrechte in Österreich immer noch in die Kategorie "können, dürfen, sollen". Zwar hat auch Österreich die UNO-Konvention über die Rechte des Kindes im Jahr 1992 ratifiziert, die Umsetzung lasse aber sehr zu wünschen übrig, kritisieren die Kinder- und Jugendanwälte. Auch was die Gelegenheit zur Anhörung bei Verfahren betrifft, gebe es lediglich Richtlinien und Empfehlungen aber keine gesetzlichen Bindungen.

Weltkindertag

Am 20. September wird der Weltkindertag begangen, am 20. November der Internationale Tag der Kinderrechte. Dass es zwei verschiedene Tag gibt, erklärt sich dadurch, dass die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen am 20. November 1989 von der UN-Generalversammlung angenommen wurde. Um in Kraft treten zu können, war eine Mindestzahl an Ratifizierungen notwendig: Im Falle dieser Konvention lag die dafür notwendige 20. Ratifikation am 20. September 1990 vor.

Mit Ausnahme von zwei Staaten - Somalia und den USA - haben alle Länder der Welt die Kinderrechtskonvention ratifiziert, heißt es auf der Internet-Homepage von UNICEF, dem Kinderhilfswerk der UNO. Kinderrechte wurden durch die Konvention in den Rang von Menschenrechten gehoben. Kinder und Jugendliche sind damit eigenständige Träger von Grundrechten auf einer völkerrechtlich verbindlichen Basis. (APA, simo, DER STANDARD Printausgabe 30.1.2004)