Innovationen
Hifi-Profis: Kaum Unterschiede zwischen MP3 und CD
"Da fragt man sich, was das ganze High End-Getue soll"
Für manchen audiophilen Hifi-Puristen mag es überraschend sein: Aber Profis
konnten beim Hörtest in vielen Fällen praktisch keinen Qualitätsunterschied
zwischen MP3 und Audio-CDs feststellen. Dies ist eines der Ergebnisse von
Tests, die die Zeitschrift c't
im Rahmen eines großen MP3-Schwerpunkts in Ausgabe 3/2000
veröffentlicht.
Leo Kirchner von der Hifi-Manufaktur aus Braunschweig beispielsweise
meinte, dass die Qualität moderner Abspielgeräte für komprimierte digitale
Musik im MP3-Format so gut sei, dass sie an die neuesten
MiniDisc-Techniken heranreiche -- wenn die MP3-Player nicht sogar besser
seien. Beim Testhören konnten viele an professionellem Highend-Equipment
geschulte Hörer in der Regel nur in 50 Prozent der Fälle erkennen, ob die
Musik von CD kam oder aus einem MP3-Player. "Eigentlich ein
erschreckendes Ergebnis", kommentiert Kirchner. "Da fragt man sich, was das
ganze Highend-Getue soll."
Neben der Qualität der komprimierten digitalen Musik ist in letzter Zeit die
rechtliche und politische Seite Gegenstand heftiger Diskussionen. Die
Weitergabe von MP3-Dateien und die Verfügbarkeit von Songs im
MP3-Format über das Internet versetzen offensichtlich die Musikindustrie in
Panik. Sie versucht mit allen Mitteln, gegen das illegale Kopieren von Musik
per MP3 vorzugehen. Jüngstes Beispiel ist die Klage des amerikanischen
Verbandes der Musikindustrie gegen MP3.com. Der Internet-Anbieter stellt
seit Neuestem jedem registrierten Internet-Benutzer die Möglichkeit zur
Verfügung, seine privaten CDs im Internet freizuschalten.
Die Situation von Künstlern und Musikindustrie angesichts von Techniken wie
MP3 kommentierte Rudolf Schenker von den Scorpions im Interview mit c't
eindeutig: "Die Leute laden sich alles runter und denken, das ist wunderschön
-- aber der Künstler hat keine Kohle mehr, um irgendwas zu machen. Und
eines Tages gibt es keine Künstler mehr." Und Smudo von den Fantastischen
Vier meinte gegenüber c't: "'Die Welt wird frei dank MP3' ist nur bodenloser,
pseudonostalgischer Keine-Macht-für-Niemand-Scheiß."
Schenker sieht eine grundlegende Veränderung auf die Industrie zukommen.
Viele Fans würden gegenüber Musik in eine Art Fast-Food-Haltung verfallen:
"Es wird immer noch Leute geben, die Platten und CDs nutzen: sozusagen die
Gourmets. Das andere ist die Fast-Food-Seite -- Ideen, die im Trend liegen,
sofort zu haben und sofort herunterzuladen."
Die kompletten Interviews mit Smudo und Rudolf Schenker veröffentlicht c't
in Ausgabe 3/2000 (ab dem 31. Januar im Handel) in einem Schwerpunkt zu
MP3. In weiteren Artikeln geht es um die technischen und akustischen
Grundlagen der Audio-Kompression, um Audio-Qualität und politische
Aspekte von MP3 sowie die Leistungsfähigkeit von MP3-Encodern. (heise)