Innsbruck - Die Devise in den österreichischen Alpen habe im vergangenen Jahrhundert "Go West!" gelautet. Bevölkerungszunahmen in den westlichen Alpen Österreichs seien Bevölkerungsabnahmen in den östlichen Alpengebieten Österreichs gegenübergestanden, sagte Univ.-Prof. Roland Psenner vom Institut für Zoologie und Limnologie der Universität Innsbruck und Vize-Präsident von "Rete Montagna" bei der Präsentation des Buches "Entvölkerung im Berggebiet: Ursachen und Auswirkungen" am Freitag in Innsbruck.

Während in den Bundesländern Salzburg, Tirol und Vorarlberg zwischen 1900 und 2001 Bevölkerungszunahmen von zumeist über 100 Prozent beobachtet worden seien, sei es im östlichen Alpengebiet in Teilen der Steiermark, Niederösterreichs und Kärnten zu Bevölkerungsabnahmen von vielfach über 50 Prozent gekommen, hieß es in einem Artikel aus dem präsentierten Buch von Univ.-Prof. Martin Seger, Vorstand des Instituts für Geographie in Klagenfurt. Auf Grund der Industrialisierung seien die Menschen zunächst in die Industriezentren abgewandert. Nach der Deindustrialisierung habe sich der Tourismus entwickelt, sagte Psenner. Eine "Zweiteilung" der Alpen in Regionen, die den "reichen Ländern" wie Süddeutschland zugewandt seien, und in entferntere Regionen sei zu beobachten gewesen.

Maßgebliche Faktoren

Im europäischen Alpenraum würde insgesamt die Tendenz der Bevölkerungsabnahme überwiegen, erklärte Univ.-Prof. Christian Smekal vom Institut für Finanzwissenschaft der Universität Innsbruck. Mehrere Faktoren seien hierfür maßgeblich: Topographische Bedingungen wie Bodenbeschaffenheit und Klima würden die Lebens- und Produktionsbedingungen erschweren. Außerdem würde "die hohe Attraktivität der städtischen Zivilisation" im Bereich der Kultur locken.

Im wirtschaftlichen Bereich seien "Tendenzen einer einseitigen Entwicklung von der landwirtschaftlichen hin zur touristischen Monokultur deutlich erkennbar", sagte Smekal. Als "Indianerreservat", das von der Hilfe von außen lebt, habe die Bevölkerung in den Berggebieten längerfristig keine Überlebenschance. In der Politik würde es etwa in der Frage von Gletschererschließungen eine zu starke Gewichtung von Arbeitsplatzargumenten gegenüber jenen des Naturschutzes geben. Psenner wies zudem darauf hin, dass seit etwa 20 Jahren der Trend eines Verschwindens der Gletscher zu beobachten sei, und Prognosen für die Zukunft schwierig seien.

Das präsentierte Buch fasst die Ergebnisse von zwei Konferenzen im italienischen Belluno und Innsbruck zusammen, die von der Vereinigung "Rete Montagna", einer Zusammenarbeit zwischen der Stiftung Giovanni Angelini und der Universität Innsbruck, durchgeführt wurden. (APA)