Foto: Grüne
Es war eine bunte Gruppe, die sich am 29. und 30.Jänner in Brüssel bereits zum dritten Mal traf, um die so genannte "Global Marshall Plan Initiative" zu diskutieren. Etwa 60 Menschen aus verschiedensten Organisationen und Institutionen - vorwiegend aus EU-Ländern und hierbei vornehmlich aus dem deutschsprachigen Raum - diskutierten die Ideen, die eine ökosoziale Weltwirtschaft zum Ziel haben.

Ausgehend vom Ziel der Vereinten Nationen, die Armut bis 2015 zu halbieren, sowie von Ideen etwa von Al Gore oder Michael Gorbatschow zu einer weltweiten Balance in sozialer und ökologischer Hinsicht soll im Rahmen dieser Initiative also eine Strategie zur Erreichung einer ökosozialen Weltwirtschaft auf Basis eines Weltvertrags entwickelt werden.

Angelpunkt

Als langfristige Perspektive formuliert die Initiative, "Rahmenbedingungen zu schaffen für eine weltweite ökosoziale Marktwirtschaft, in der Märkte und Wettbewerb verbunden sind mit ökologischen, sozialen und kulturellen Standards zum Wohl für alle Menschen". Ziele, die wohl die meisten Menschen unterschreiben können, solange es nicht um die Umsetzung geht.

Ein wesentlicher Angelpunkt der Rahmenbedingungen ist laut derzeitigem Programm der Initiative die Vernetzung von bereits vorhandenen internationalen Institutionen: Die Welthandelsorganisation WTO, die Internationalen Arbeitsorganisation ILO, das Umweltprogramm der Vereinten Nationen, Weltbank und Internationaler Währungsfonds sollen kooperieren und so den genannten Zielen Rechnung tragen.

Wenig Raum für Hoffnung

Spätestens hier macht sich ein gewisses Unbehagen breit. Das Agieren der reichen Länder in der WTO, zum Beispiel bei der letzten Konferenz in Cancún gegenüber den Entwicklungsländern, aber auch die sehr fragwürdige Rolle, die Währungsfonds und Weltbank teilweise bei der Kreditvergabe an Entwicklungsländern spielen, lassen wenig Raum für Hoffnung, dass es hier zu einem konstruktiven Miteinander von Umweltorganisationen oder von Arbeitnehmerorganisationen wie der ILO kommen kann.

Symptomatisch ist insofern auch, dass sich im Rahmen der Veranstaltung in Brüssel eine Hauptdiskussion am Namen der Initiative entzündet: Der "Marshallplan" - eine Unterstützung der USA zum wirtschaftlichen Wiederaufbau in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg - ist für die einen ein sehr positiv besetzter Begriff, der Unterstützung und Hilfe zur Selbsthilfe auf wirtschaftlichem Gebiet signalisiert. Für die anderen ist der Begriff ein Synonym für eine Haltung, die den Entwicklungsländern ein Wirtschaftssystem überstülpen will, mit dem die reichen Industriestaaten die Entwicklungsländer als billige Märkte ausnützen wollen. Die Diskussion darüber, ob sich die Initiative nun weiterhin "Global Marshall Plan" oder/und "Planetary Contract" nennen soll, ist also nicht nur ein Namensstreit, sondern weist auf grundlegende Differenzen in der Interpretation der notwendigen zukünftigen Entwicklung hin.

Dominanz älterer Männer

Die Initiative will sich nun mit der Umsetzung von konkreten Maßnahmen zur Erreichung der oben angeführten Ziele beschäftigen und setzt bei der Bewerbung der Initiative auf bekannte Namen und prominente - meist Ex-Politiker. (Politikerinnen kommen kaum vor. Insgesamt ist die Initiative, zumindest in der Außenwirkung, auffallend von älteren Männern dominiert. Die undankbare Knochenarbeit im Hintergrund – die Organisation der Initiative - erledigen hingegen hauptsächlich junge – enthusiastische - Menschen, wobei hier wiederum der Frauenanteil auffällig ist.)

Die Liste der Prominenten, die die Global Marshallplan Initiative derzeit unterstützen, ist bunt gemischt; etwa Rita Süssmuth, ehemalige Präsidentin des Deutschen Bundestags, Josef Riegler, ehem. Österreichischer Vizekanzler und Vorsitzender des Ökosozialen Forums, Reinhold Messner, Grünes Mitglied des EP, Ernst Ulrich von Weizsäcker oder Ervin Laszlo, Club of Budapest.

Trotz dieser Liste an – insbesondere im deutschsprachigem Raum - prominenten Namen fällt auf, dass die Initiative ein wesentliches Manko hat: Es sind derzeit keine Vertreter des "Vertragspartners" des Weltvertrags in die Initiative eingebunden. Nämlich die Länder, die vom "Global Marshall Plan" profitieren sollen aber auch die Einhaltung der vereinbarten Standards als Gegenleistung sicherstellen müssen. Es darf jedoch bezweifelt werden, dass die geplante Strategie so - ohne Einbindung der betroffenen Länder - umgesetzt werden kann.

Es bleibt die Frage offen, warum sich die Initiative nicht anderen bereits bestehenden Gruppen wie Attac oder dem Weltsozialforum anschließt, die ähnliche Ziele haben und auch zu vergleichbaren Maßnahmen greifen wollen, wie zum Beispiel eine Steuer, über die ein gewisser sozialer Ausgleich geschaffen werden soll. Eine Bündelung der Kräfte würde sich bei einem derart ambitionierten – globalen - Vorhaben anbieten.