Das Hernstein International Management Institute ging Fragen nach, die die wichtigste Ressource unseres Lebens, die Zeit, betreffen. Manager des deutschsprachigen Raums sowie ihre Kollegen aus den Beitrittsländern gewährten Einblick in ihre Praxis.

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43 Prozent der befragten Manager aus Ungarn, Slowenien und der Tschechischen Republik verspäten sich, laut eigenen Angaben, fast nie bei ihren Terminen. Vergleicht man die Ergebnisse mit der vorangegangenen Studie im deutschsprachigen Raum, so zeigt sich eindeutig, dass Manager aus den EU-Beitrittsländern unpünktlicher sind als ihre Kollegen aus den "westlichen" Ländern.

Das trifft vor allem auf tschechische Führungskräfte zu, von denen sich nach eigenen Angaben 61 Prozent häufig oder gelegentlich verspäten. Auch ungarische Manager nehmen es mit der Pünktlichkeit nicht so genau, immerhin 56 Prozent verspäten sich häufig oder gelegentlich.

Pünktliche Schweizer

Slowenische, deutsche und österreichische Führungskräfte liegen im mittleren Be- reich. Am pünktlichsten sind Schweizer Manager: 70 Prozent verspäten sich, laut eigenen Angaben, fast nie. Hier scheint sich das Klischee der "pünktlichen Schweizer" zu bestätigen.

Führungskräfte aus den EU-Beitrittsländern sind ziemlich gestresst - deutlich gestresster und überlasteter als ihre Kollegen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Dies steht sicherlich mit dem verschärften Wettbewerb beim Übergang von planwirtschaftlichen zu marktwirtschaftlichen Strukturen in Verbindung.

Immerhin 72 Prozent der befragten ungarischen Führungskräfte geben an, mehrmals pro Monat oder Woche an der Grenze zur Überlastung zu stehen. Aber auch Manager aus Tschechien und Slowenien stehen dem kaum nach. 67 beziehungsweise 68 Prozent der befragten Führungskräfte bestätigen, ebenfalls mehrmals pro Monat oder Woche ihre Belastungsgrenze zu erreichen.

Verglichen mit den Ergebnissen der vorangegangenen Befragung im deutschsprachigen Raum zeigen sich signifikante Unterschiede. Während sich nur knapp ein Viertel (24 Prozent) der Schweizer Führungskräfte mehrmals pro Woche/pro Monat überlastet fühlt, sind es in Ungarn wie oben erwähnt fast drei Viertel der Führungskräfte (72 Prozent).

Aber auch österreichische und deutsche Manager sind lange nicht so gestresst wie ihre Kollegen in den EU-Beitrittsländern. 42 Prozent der österreichischen und 47 Prozent der deutschen Führungskräfte fühlen sich mehrmals pro Monat/pro Woche überlastet. Jüngere Führungskräfte (bis 45 Jahre) fühlen sich gestresster als Führungskräfte ab 45 Jahren. Bei ihnen ist der Arbeits- und Wettbewerbsdruck offensichtlich noch höher, Routine und Erfahrung aber noch geringer.

43 Prozent der befragten Führungskräfte aus Ungarn, Slowenien und der Tschechischen Republik machen zusätzlich zur Mittagspause Arbeitspausen von fünf bis zehn Minuten. Der Großteil davon macht ein bis zwei zusätzliche Pausen. Vergleicht man die Ergebnisse mit der Studie in Österreich, Deutschland und der Schweiz, so zeigt sich, dass Manager aus den Beitrittsländern weniger Pausen als ihre "westliche" Kollegen machen, was auch in Zusammenhang mit dem höheren Stress steht.

Relaxte Österreicher

Tschechische Manager gönnen sich die wenigsten Pausen, so geben 60 Prozent an, überhaupt keine zusätzliche Pause zur Mittagspause zu machen. Bei den Slowenen sind dies vergleichsweise 52 Prozent, bei den Ungarn 49 Prozent. Im Vergleich aller sechs Länder gehen es die Österreicher am gemütlichsten an. Nur 42 Prozent machen keine zusätzliche Pause. Die Mehrheit macht eine oder zwei Pausen und immerhin 14 Prozent sogar drei.

Interessanterweise machen Führungskräfte aus "kleineren" Großbetrieben (100 bis 249 Beschäftigte) häufiger Pausen als ihre Kollegen in Betrieben ab 250 Beschäftigten.

Mehr als drei Viertel (76 Prozent) der befragten Führungskräfte in Ungarn, Slowenien und der Tschechischen Republik geben an, ihre Termine selbst zu verwalten. Das Terminmanagement liegt nur mehr selten in der Hand des Sekretariats.

Vor allem jüngere Führungskräfte (bis 45 Jahre) verwalten ihre Termine selbst. Gründe für die neue "Termin-Autonomie" können einerseits das veränderte Berufsbild der Sekretärin sein, andererseits die neuen Informationstechnologien und die IT-Vernetzung.

Der Vergleich der Ergebnisse mit jenen der vorangegangen Befragung im deutschsprachigen Raum zeigt, dass vor allem österreichische Führungskräfte ihre Termine selbst verwalten. Immerhin 93 Prozent der Manager geben an, ihre Termine selbst zu managen. Jeder dritte der befragten Eidgenossen vertraut hingegen sein Terminmanagement nach wie vor dem Sekretariat an. (DER STANDARD, Printausgabe vom 7./8.2.2004)

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*Auftraggeber der Untersuchung ist das Hernstein International Management Institute in Wien, die Abwicklung erfolgte durch OGM. Für die vorliegende Studie wurden im Juli 2003 450 Führungskräfte von Großbetrieben in Tschechien, Slowenien und Ungarn (ab 100 Beschäftigten) befragt. Pro Land fand jeweils ein Drittel der Interviews statt. 57 Prozent der Antwortenden waren älter als 45 Jahre. Die Vergleichszahlen von Deutschland, Ös- terreich und der Schweiz wurden im Dezember 2002 eben- falls unter 450 Führungskräften in Großbetrieben erhoben.