Nikosia - Im Zypernkonflikt lassen sich drei große Phasen unterscheiden:
  • Der Unabhängigkeitskampf, der hauptsächlich zwischen Zyperngriechen und der englischen Kolonialmacht stattfand und in dem sich erste Spannungen zwischen Türken und Griechen ergaben.
  • Die Zeit von der Gründung der Republik Zypern 1960 bis zur türkischen Invasion 1974, in der der eigentliche Zypernkonflikt zwischen Griechen-und Türkenzyprioten seinen blutigen Höhepunkt fand. Die Mutterländer Griechenland und Türkei unterstützen ihre Volksgruppen, und internationale Akteure wie die Nato verfolgten eigene Interessen.
  • Die Zeit nach der Teilung Zyperns bis heute.

    Zypern, diese strategisch wichtige Insel zwischen Okzident und Orient, wurde schon in vorchristlicher Zeit von Griechen besiedelt und im 4. Jahrhundert dem byzantinischen Reich eingegliedert. Trotz arabischer, fränkischer und venezianischer Invasionen blieb Zypern bis 1571 griechisch beherrscht: Dann nahm das osmanische Reich die Insel ein und blieb 300 Jahre lang dominierende Macht.

    Mit dem Niedergang des "kranken Mannes am Bosporus" kam der britische Imperialismus. 1878 stoppte England einen Expansionsversuch Russlands und schloss einen "Beistandspakt" mit der Türkei, in welchem ihr Zypern zur Besetzung und Verwaltung übertragen wurde. Als die Türkei im 1. Weltkrieg Deutschland unterstützte, nahm England dies zum Anlass, Zypern zu annektieren. Im Vertrag von Lausanne 1923 erkannte Ankara dies an, 1925 wurde die Insel Kronkolonie.

    Die Briten bevorzugten, getreu der Devise "Teile und herrsche", die Türken. In den 50er-Jahren verschärfte sich der Konflikt, die treibende Kraft waren die Zyperngriechen. Sie forderten das Ende der englischen Kolonialherrschaft und die "Enosis", die Vereinigung mit Griechenland. Im Unabhängigkeitskrieg standen Türken auf britischer Seite, die griechische Guerilla EOKA hielt dagegen.

    Die EOKA als erste nicht kommunistische Partisanentruppe bekämpfte nicht nur Briten und Türken, sondern auch "griechische Verräter". Rauf Denkta¸s wurde britischer Generalstaatsanwalt auf Zypern und ließ griechische Rebellen hängen. Die Türken setzten der "Enosis" die "Taksim"-Forderung - Anschluss an die Türkei - entgegen, die EOKA wurde von türkischen TMT-Milizen bekämpft.

    Ab 1958, am Höhepunkt der Gemetzel, zogen sich die Briten zurück und überließen Griechenland und der Türkei die Friedensverhandlungen. Am 16. August 1960 wurde die Republik Zypern ausgerufen.

    Doch die neue Verfassung erwies sich als nicht praktikabel, die türkische Minderheit blockierte alle gemeinsamen Beschlüsse. 1963 legte der erste Präsident, Erzbischof Makarios, eine Verfassungsänderung vor, die für die Zyperntürken wegen Beschneidung ihrer Rechte unannehmbar war. Gegenseitige Massaker und Vertreibungen folgten, die UNO konnte mit Blauhelmen die Gewalt eindämmen.

    1967 putschte in Athen eine Militärjunta, die von Erzbischof Makarios mehrmals scharf kritisiert wurde. Daraufhin entschloss sich das Obristenregime 1974 zur Invasion und machte Ankara damit einen großen Gefallen: Die Türken pochten nun auf ihr Recht als Garantiemacht und marschierten selbst auf Zypern ein. Wieder folgten Vertreibungen. 1983 riefen die Türken einen eigenen Staat aus, der nur von Ankara anerkannt wurde. Türken und Griechen wurden durch eine Mauer getrennt, "ethnisch reine" Gebiete waren entstanden. (DER STANDARD, Printausgabe, 16.2.2004)