Linz/Wien – Eine weit reichende Entscheidung hat kürzlich der Oberste Gerichtshof getroffen: Eine nächtliche Beleuchtung darf das Schlafzimmer des Nachbarn nicht "erhellen".

Kein langer "Gutachterweg"

Fühlt sich jemand durch Licht gestört, braucht er nicht einen langen "Gutachterweg" beschreiten oder die Lichtstärke messen lassen – eine unfreiwillig "ausgeleuchtete" Wohnung genügt als Beweis, dass das "ortsübliche Ausmaß" an Beleuchtung überschritten ist. Es ist dies die erste höchstgerichtliche Judikatur im Zusammenhang mit Licht-Immissionen. Ausgangspunkt war ein Fall im oberösterreichischen Salzkammergut.

"Ortsübliches" Ausmaß

Dort gibt es eine Wohnanlage, deren Zugang in der Nacht beleuchtet wird. Das Licht strahlt einem Nachbarn ins Schlafzimmer. Dieser machte in einer Klage geltend, seine Wohnung sei dadurch trotz dichter Vorhänge hell erleuchtet, er könne nicht ungestört einschlafen beziehungsweise schlafen, er leide körperlich und psychisch darunter. Die Licht-Immission übersteige das "ortsübliche" Ausmaß.

Die Verantwortlichen der Wohnanlage wandten dagegen ein, die Beleuchtung liege im Rahmen des "ortsüblichen", sie sei erforderlich, um den Zugang ausreichend zu erhellen und damit die Sicherheit der Bewohner zu gewährleisten. Dass die Wohnräume des Klägers dadurch hell erleuchtet würden, sei unmöglich.

Lärm- und Geruchseinwirkungen

Das Erstgericht wies die Klage des Nachbarns der in seinem Schlafzimmer durch Licht gestört war ab, weil dieser keinen ausreichenden Beweis dafür erbracht habe, in welchem Ausmaß die "ortsübliche" Beleuchtung überschritten werde. Die zweite Instanz bestätigte diese Entscheidung und verwies außerdem darauf, dass "zur Formulierung eines Begehrens auf Unterlassung von Lichteinwirkung keine höchstgerichtliche Judikatur" vorliege. Man könne allerdings die Bestimmungen im Zusammenhang mit Lärm- und Geruchseinwirkungen auf die Fälle von Licht-Immissionen übertragen.

Messwerte bei Lärm

Wobei es beispielsweise für Lärm entsprechende Messwerte gebe. Nach Ansicht der zweiten Instanz wäre der Kläger verpflichtet gewesen, einen bestimmten "Licht-Pegel" – gemessen in "Lux" – anzugeben, den die Einwirkung der Beleuchtung des Nachbarhauses auf seine Wohnung nicht überschreiten dürfe. Man müsse grundsätzlich davon ausgehen, dass in einer städtischen – wenn auch ruhigen und verkehrsarmen – Wohngegend nicht mit "absoluter Finsternis" in der Nacht gerechnet werden könne, fügte das Zweitgericht hinzu.

Licht trotz dunkler Vorhänge

Der Oberste Gerichtshof schloss sich dieser Ansicht der ersten und der zweiten Instanz aber nicht an, man gab vielmehr dem Kläger recht. Wenn die Nachtruhe nicht durch Lärm beeinträchtigt werden dürfe, "so muss Gleiches auch für die Einwirkung durch die auf einem Nachbargrundstück installierten Beleuchtungskörper gelten". Gerade im Fall von Lichteinwirkungen in Schlafräume könne "vielfach ohne exakte Messungen beurteilt werden, ob die beanstandeten Immissionen das zulässige Ausmaß überschreiten", meinte der OGH und stellte weiters fest: "Sollte sich etwa die Behauptung des Klägers als zutreffend erweisen, seine Schlafräume seien in der Nacht trotz dunkler Vorhänge hell erleuchtet", so sei dies so zu beurteilen, "dass der Kläger durch die beklagte Partei in einer gesetzlich unzulässigen Weise gestört wird".

Damit liegt der Fall wieder beim zuständigen Bezirksgericht, das jetzt auf der Basis des OGH-Urteils entscheiden muss, was mit der "störenden" Beleuchtung der Wohnanlage zu geschehen hat. (APA)