Wien - Am Donnerstag startet die europäische Weltraumbehörde Esa einen weiteren Flug ins Unbekannte des Sonnensystems. "Rosetta" ist die die erste Mission, die die Umrundung eines Kometen und die Landung auf ihm vorsieht. Die Wissenschafter erhoffen sich durch das Projekt neue Erkenntnisse über die Entstehungsgeschichte der Erde.

Der Satellit startet an Bord einer Ariane-5-Rakete vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou (Französisch-Guyana) zum Komet "Tschurjumow-Gerasimenko". Die Reise soll zehn Jahre dauern. "Tschury" ist zwar mit 770 Millionen Kilometern nur vier mal so weit entfernt wie die Sonne von der Erde. Jedoch muss der Satellit erst mehrere Planeten umkreisen, um auf den Pfad des Kometen zu kommen: Er legt daher sieben Milliarden Kilometer zurück. "Rosetta" soll 16 Monate um "Tschury" kreisen. Für 2014 ist eine Landung auf dem eisigen Kern des Kometen geplant.

Nach Schlüssel für Hieroglyphen

Die Mission ist nach dem Schlüssel für Hieroglyphen benannt. Auf einem 1799 von einem Soldat der napoleonischen Armee am Nil gefundenen Stein stand neben den Hieroglyphen derselbe Text in griechisch. Ähnlich sind Kometen Rezeptsammlungen für Planeten. Sie sollen organische Moleküle enthalten, die vor 4,5 Milliarden Jahren, als Kometen häufiger auf der Erde einschlugen, dem irdischen Leben auf die Sprünge geholfen haben könnten. Die Erde hat sich seit der Urzeit dramatisch verändert. Kometen jedoch sind im All konserviert.

Trotz der missglückten Landung des Mars-Roboters "Beagle 2" ist die Esa zuversichtlich, dass die Landung auf dem Brocken aus Eis und Gestein tatsächlich gelingen könnte. Denn im Unterschied zum Mars habe der Kometenkern nur vier Kilometer Durchmesser und damit eine geringe Anziehungskraft, erläutert Berndt Feuerbacher, einer der Projektleiter. Die Landung erfordere daher weniger Abbremsung und somit keine Airbags oder Fallschirme. Da Kometen keine Atmosphäre haben, könne man auch auf den schweren Hitzeschild - beim Mars überlebenswichtig - verzichten.

Zentimetergenau

"Rosetta" soll den Kern des Kometen zunächst zentimetergenau fotografieren. Aus den Daten wird ein 3D-Modell erstellt, das den Landeroboter "Philae" vor Überraschungen bewahren soll. Mit einer Harpune soll er sich verankern - seine 100 Kilo schrumpfen wegen der Gravitation auf einige Gramm. "Philae" soll Bodenproben analysieren.

"Rosetta" startet aufgrund von Technikproblemen der Ariane-Trägerrakete ein Jahr später als geplant. Der ursprüngliche Zielkomet Wirtanen kann daher nicht angeflogen werden. Das Projekt kostet rund eine Milliarde Euro - die Hälfte mancher moderner U-Boot-Mission. (Eva Stanzl/DER STANDARD, Printausgabe, 21.2.2004)