Und wenn sich keine Diamanten und Saphire ausgehen, börseltechnisch, dann gibt's immer noch Amethyste, Citrine, Quarze.

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Bevor wir berichten, warum die großen vier der edlen Steine - Diamant, Smaragd, Saphir und Rubin - derzeit alle anderen bunten Steine an Beliebtheit übertrumpfen, wollen wir Ihnen eine kleine und selbstverständlich bis auf den letzten Buchstaben wahre Geschichte erzählen.

Vor einigen Jahren landete Fräulein C. aus Wien zufälligerweise vor den Schaufenstern jenes New Yorker Edelgoldschmieds, dessen Name über die Dekaden Synonym für unleistbare Glitzerkleinigkeiten geworden ist. Sie hielt inne und stand da, fast so wie Audrey Hepburn einige Jahrzehnte zuvor. Vielleicht nicht ganz so elegant in der Kleidung.

Auch tunkte sie kein Kipferl in den Pappendeckelbecherkaffee. Sie hatte plötzlich auch keineswegs vor, all die Klunker und Klünkerchen hinter den panzerglasgesicherten Auslagen lediglich zu betrachten. Sie entbehrte überhaupt gänzlich jener rehhaften Unschuldigkeit, die Audrey Hepburn auszustrahlen vermochte, wenn sie es drauf anlegte. Fräulein C. hatte eher etwas russisch-großgräfinnenhaft prachtvoll Finsteres.

Bescheidenere Saphirringe

Und das war hilfreich, denn sobald sie die ausgelegten Köder für Millionäre und deren Gattinnen sowie Millionärinnen und deren Gatten - wir wollen uns an dieser Stelle echt keinen Sexismus nachsagen lassen - eingehend studiert hatte, setzte sie ihren arrogantesten Blick auf, betrat die Lokalität und wurde sofort von einem freundlichen Mitarbeiter des exklusiven Hauses zu einem dieser ziegenbauchlederbespannten Tischchen gebeten, auf denen sich vielkaratige Brillanten und andere Petitessen so besonders gut machen.

Sie nahm Platz und ließ sich eine geschlagene Stunde lang die erlesensten Schmuckgebilde vorlegen. Eines nach dem anderen. Sie legte mit ein paar bescheideneren Saphirringen los, ging rasch zu deutlich unbescheideneren Smaragdcolliers mit Brillantbesatz über, um schließlich bei einem Diadem innezuhalten, dessen Krönung ein Taubenblut-Rubin darstellte, um den indische Großmoguln seinerzeit wahrscheinlich Kriege geführt hatten.

Das Fräulein betrachtete das Diadem nachdenklich. Sie hob den Kopf, blickte auf die Nachbartische und die dort stattfindenden Schmuckanproben und Verhandlungen. Sie sah gezückte Kreditkarten und Juwelen, die in türkisfarbenen Verpackungen samt weißen Seidenschleifen verschwanden. Ein kleines Päckchen, so eins wie diese, das wär's.

Taubenblut-Rubin, Oh Ja

Sie blickte ihrem Verkäufer gerade in die Augen und bedankte sich bei ihm mit großem Ernst für das außerordentliche Vergnügen, das er ihr bereitet habe: ein Mal, nur ein einziges Mal im Leben so etwas Prachtvolles, letztlich gleichwohl Unbedeutendes wie ein mehrere hunderttausend Dollar schweres Taubenblut-Rubin-Diadem aufgehabt zu haben, wie andere einen Strohhut.

Jetzt allerdings möge er es bitte wieder in seiner Schatulle versenken, wegsperren und ihr auf dem Weg zurück vielmehr das billigste Stück mitbringen, das in diesem Laden zu haben sei.

Fräulein C. verließ das Geschäft mit einem winzig kleinen türkisfarbenen Päckchen, das an einer langen weißen Seidenschleife an ihrem weggestreckten rechten kleinen Finger baumelte. Den darinnen befindlichen Ring trägt sie heute noch. Verschlungenes Weißgold, weil Stein ist sich keiner ausgegangen.

Apropos: Die großen vier sind als die Wertvollsten unter den Edelsteinen natürlich deshalb derzeit so beliebt, weil sie eine krisensichere Wertanlage darstellen. Ob mit oder ohne Fassung - egal. Nichts mehr und nichts weniger wollten wir Ihnen gesagt haben. (Ute Woltron/Der Standard/rondo/24/12/2008)