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Die echten Glückskleeblätter treibt aber der Weißklee.

Foto: APA/dpa/Norbert Försterling

Bereits zu Weihnachten, spätestens aber zu Neujahr erwerben zehntausende, möglicherweise sogar hunderttausende, auf jeden Fall aber sehr viele Österreicherinnen und Österreicher kleine Blumentöpfe.

Es gibt sie an Tankstellen und in Baumärkten, in Greißlerläden und Blumengeschäften, man könnte zusammenfassend sagen, es gibt sie zu diesem Zeitpunkt des Jahres so gut wie überall. Nicht nur hierzulande, versteht sich, sondern überall auf der Welt. Ungeheure Massen müssen das sein. Aber von den Vorstellungsbegriff sprengenden Milliardensummen haben wir in anderen Zusammenhängen in letzter Zeit schon strapaziös genug gehört.

Also zurück: In besagten, gewöhnlich klitzekleinen Töpfen befinden sich ganz und gar lebendige vierblättrige Kleegewächse. Kolleginnen und Freunde, Brüder und Schwestern werden mit dieser entzückenden - und gottlob sehr preiswerten Gabe beglückt, auf dass das alte Kleeblattsymbol des Glückes vom Heute ins Morgen und in die Zukunft hinüberwachse.

Milliardensummen und Vierblättrigkeit

Sozusagen. Oftmals sind diese Glückskleearrangements zusätzlich mit Plastikfliegenpilzen gespickt oder mit Miniaturhufeisen oder gleich beidem. Auch lehnen gelegentlich filigrane Rauchfangkehrer irgendwo herum. Sicher ist sicher. Das Glück - es muss mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln beschworen werden, weil Verlass ist ja schier auf gar nichts mehr in dieser Welt.

Und zwar weder auf Milliardensummen noch auf eben diese Vierblättrigkeit. Denn der käufliche Klee gilt eigentlich nicht. Der ist immer vierblättrig, weil das ist seine Natur. Als er in den 70er-Jahren erstmals kommerziell in breiterer Front vertrieben wurde, hat man seitens der Bevölkerung allen Ernstes überlegt, ob er mit radioaktiven oder sonst wie abartigen Strahlungen behandelt worden wäre.

Das ist natürlich komplett daneben, denn es handelt sich um einen Oxalis tetraphylla oder Oxalis deppei genannten und in Mexiko beheimateten und von Natur aus vierblättrigen Sauerklee.

Die echten Glückskleeblätter treibt aber der Weißklee - und die entstehen aus unerfindlichen Gründen und mit einer noch nicht genau studierten, aber mit etwa 1:10.000 angenommenen Wahrscheinlichkeit. Das Glückskleeblatt kriegt derjenige, der gebeugten Rückens einiges an Sucharbeit leistet, und nicht der- jenige, der das Geldbörsel vor Silvester zückt.

Hach, welch philosophische Analogien dürften gezogen werden, so man wollte. Man kann aber auch auf die Gesetze der Waren-Marktwirtschaft verweisen, deren Grundlage die Knappheit ist. Der Glücksklee ist somit ein typisches Merkmal einer Gesellschaft, die sich bereitwillig und unter Einsatz von Zahlungsmitteln sehr gern betrügen lässt. Das, was tatsächlich knapp und wahrscheinlich nicht zuletzt gerade deshalb begehrt ist, wird zigfach billig hergestellt und als Fake verhökert.

Ruhepause für das Glück

Wie auch immer: Der Glücksklee selbst ist eine ausgesprochen reizende Pflanze, die es nicht verdient hat, gleich nach Jahreswechsel das Zeitliche zu segnen. Nur weil sich Millionen nicht auskennen mit ihm. Folgendermaßen ist er also zu behandeln: Er will auf gar keinen Fall in die pralle Sonne gestellt werden, er will es halbschattig und möglichst kühl. Nasse Erde verabscheut er, es reicht, wenn er stets leicht feucht gehalten wird.

So wie die anderen Sauerkleevertreter auch hat der Glücksklee im Winter eigentlich seine Ruhephase. Aus der wird er durch Vorspiegelung falscher Witterungen und Klimabedingungen natürlich ab Mitte Oktober hervorgelockt, damit Sie ihn zu Silvester kaufen oder geschenkt bekommen können, eh klar.

Bei guter Pflege wird Sauerklee uralt, und die beginnt zuallererst damit, dass Sie dem armen Kerl unverzüglich einen Blumentopf spendieren, der allein kraft seiner Dimension diesen Namen verdient. Weil austrocknen mag er gar nicht, der Klee. Seine Blätter schmecken super, aber ganz abgrasen sollte man ihn nicht: Oxalsäure ist in hoher Dosis giftig. Aber so hin und wieder ein Blättchen gekaut schadet nicht.

Zum Alter: Ihrem Grünzeug ist einer bekannt, der von der Großmutter einer Großmutter stammt, also sicher über 100 und vitaler ist als wir alle miteinander, der Glückliche. (Ute Woltron/Der Standard/rondo/24/12/2008)