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Die Bienen lieben ihn, weil der Winterjasmin einer der allerfrühesten Blüher im Gartenjahr ist.

Foto: AP Photo/Hermann J. Knippertz

Nein, wir haben uns nicht im Bild vergriffen: Was Sie hier betrachten dürfen, ist keine Forsythia × intermedia, auch Forsythie oder Goldflieder genannt - dafür wär's ein bisschen zu früh - es handelt sich vielmehr um Jasminum nudiflorum, also den nacktblütigen Jasmin oder Winter-Jasmin.

Und abermals nein: Trotz seines verheißungsvollen Namens, der sinnliche Düfte im eisüberzogenen Unterholz suggeriert, riechen diese kleinen, gelben Dinger nach gar nichts. Die Bienen lieben sie trotzdem, weil der Winterjasmin einer der allerfrühesten Blüher im Gartenjahr ist. Gelb auf Weiß unter Umständen, weil der Winter-Jasmin selbst im Schnee blüht.

Apropos Bienen: Die überdauern in ihren Höhlen und Bienenstöcken ja bekanntlich zu strategisch exakt ausgerichteten Trauben zusammengeballt die Kälte. Und ja: Die braven Tiere wechseln sich dabei ab. Bei denen gibt es keine Underdogs, die in der äußeren Zone dauernd Schicht schieben müssen, während andere drinnen in der wohligen Wärme Honig saufen. Die teilen sich die Hacke.

Von Bienen könnte man überhaupt einiges lernen, aber dazu lieber ein andermal.

Vorfrühlingsbeschäftigung

Erst wenn die Außentemperaturen auf ungefähr 14 Grad steigen, was im Jänner hierzulande nicht selten der Fall ist, verlassen die Bienen den Stock kurzfristig. Sie tun dann, was sie als hygienisch säuberliche und auf sozialen Zusammenhalt viel gebende Insekten viele Wochen lang zurückhalten mussten: Sie erleichtern sich.

Man darf davon ausgehen, dass es im Anschluss an diese reinigende Vorfrühlingsbeschäftigung recht fesch ist, auch eine kleine Jause zu sich zu nehmen. Also sind Winter-Jasmin-Gebüsche der Imker und der Bienen Freund.

Der Winter-Jasmin macht freistehend wenig her, es sei denn, er wird von einem des Zierklöppelns kundigen Gartenpedanten unter Aufopferung von sehr viel Zeit und Geduld in Form gehalten. Diese Sträucher sind allerdings bestens dafür geeignet, über Mauern herabzuhängen. Solchermaßen bilden sie dichte grüne Matten, die gegebenenfalls hässliche Konstrukte auch im Winter völlig blickdicht verhüllen, und wenn dann geblüht wird, schaut es aus wie ein einziger gelber Vorhang.

Allerdings wohnt diesen etwas kratzbürstigen Sträuchern mit den klitzekleinen Blättchen ein paar Monate später eine vitale Wucherfreudigkeit inne, vor der wir Sie zumindest gewarnt haben wollen. Seine peitschenartigen, bis zu drei, vier Meter langen Zweige neigen dazu, sich unverzüglich auszubreiten. Sobald sie auf Substrat, sprich Erde treffen, bilden sie Wurzeln aus und streben sofort weiter gen Unendlichkeit zu.

Anspruchsloser Blüher

Wer einmal, wie Ihr Grünzeug, eine etwa zehn Jahre lang nicht geschnittene, dem fröhlich grenzenlosen Wildwuchs überantwortete Winterjasmin-Hecke zurechtstutzen durfte, weiß, zu welchen Extremzwecken motorisierte Heckenscheren und Stichschaufeln erfunden wurden. Am besten also, man schneidet dem Kerl rechtzeitig und regelmäßig die Stirnfransen knapp über dem Boden, wenn er über Mauern lugt. Andererseits lassen sich durch besagtes Anwurzeln auch sehr einfach Ableger stechen.

Der winterliche Blüher ist völlig anspruchslos. Er stammt aus China, wo er in den Bergen beheimatet ist und das Unterholz quasi auffüllt. Er gehört zur Gattung Jasminum und damit zur Klasse der Dreifurchenpollen-Zweikeimblättrigen - was wir hier nur festhalten, weil es so nett klingt. (Ute Woltron/Der Standard/rondo/09/01/2009)