Kürzlich erreichte die Redaktion eine Umfrage der Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft, kurz CMA. Die frohe Botschaft der fleißigen Agrarwerber aus dem bierseligen Nachbarland: "Für 92 Prozent der Befragten sind die Bier-Rohstoffe Hopfen und Malz die Garanten für perfekten Biergenuss. 79 Prozent sehen Hopfen als entscheidend für die Bierqualität an. Direkt dahinter folgt mit 76 Prozent die Braugerste. Aus dieser wird während des Mälzungs- und Brauprozesses Malz beziehungsweise vergärbarer Malzzucker gewonnen. Die natürlichen Eigenschaften der beiden landwirtschaftlichen Rohstoffe haben für die Befragten entscheidenden Einfluss am Geschmackserlebnis."
Ja, freilich. Aber was wissen die Biertrinker denn wirklich über die "natürlichen Eigenschaften", die die hauptberuflichen Landwirtschaftswerber so gerne wegen ihrer Natürlichkeit bejubeln?
Gerstenmalz der Pilsner Art
Man darf ruhig annehmen: Sie wissen gar nichts darüber - wie sollten sie auch?
Schließlich gibt es viele Braumeister, die über das von ihnen verbraute Malz bloß wissen, dass es sich um Gerstenmalz der Pilsner Art handelt - die aber keine Ahnung haben, in welcher Region die Gerste angebaut wurde. Geschweige denn, dass sie etwas über die Gerstensorte wüssten. Ähnlich ist das mit dem Hopfen. In vielen Großbrauereien (und leider auch in etlichen kleinen) wird der Hopfen vor allem verwendet um die - ohnehin eher mild gehaltene - Bittere einzustellen. Dass es mehrere Dutzend Hopfensorten gibt (darunter so wunderbar aromatische wie die deutsche Neuzüchtung Saphir), wird allenfalls auf Fachveranstaltungen thematisiert. In den meisten fertigen Bieren kann man die verbrauten Hopfensorten nicht herausschmecken. Und Vergleichsverkostungen von Suden aus verschiedenen Gerstensorten sind selbst für Brautechniker eine Seltenheit.
Deklariert werden die Zutaten (im Gegensatz zu vielen amerikanischen und belgischen Brauereien) nur pauschal. So bleibt nur flache Gemeinschaftswerbung dafür, dass das Bier ohnehin aus natürlichen Rohstoffen gebraut wird. (Conrad Seidl/Der Standard/rondo/23/01/2009)