Draußen trist, innen heiter: An einer dunklen Ecke des 10. Bezirks sorgt René Ringsmuth dafür, dass Eisenbahner und andere Trostsuchende Gutes im Magen haben.

Foto: H. Corn

Gabelfrühstück inklusive!

Foto: H. Corn

Früher, als der Ringsmuth noch "Zum Kamptaler" hieß und am Gelände des alten Frachtenbahnhofs zu finden war, setzte sich die Klientel im Wesentlichen aus Eisenbahnern zusammen. Das hat sich mit dem nur wenige Meter entfernten, neuen Standort, nicht wirklich geändert. Derzeit kommen halt auch die Hackler von der Großbaustelle Zentralbahnhof. Die packen es freilich kaum, was für ein Juwel an Wirtshausseligkeit sich hier, an einer ansonsten besonders trostlosen Ecke von Favoriten, verbirgt.

Dabei ist das nunmehr nach den Betreibern benannte Wirtshaus Ringsmuth auch von innen alles andere als eine Zier, das kalte Energiesparlicht akzentuiert die zahlreichen Einrichtungssünden noch auf besonders gnadenlose Weise.

Krenfleisch für die Muskelkraft

Aber egal, was zählt, ist die Speisekarte. Weil der Ringsmuth als ordentliches Hacklerwirtshaus schon zum Frühstück aufsperrt, gibt es auch Ham and Eggs, Eier im Glas, Eierspeis mit Kernöl, Beinschinken mit Kren und ähnliche Feinheiten, die manch schwindligem Innenstadt-Kaffeehaus auch gut anstehen würden. Vor allem aber ein Gabelfrühstück, das einem Tränen der Rührung in die Augen treibt: Beuschel mit Knödel, Rindsgulasch und Würstel mit Saft ab neun Uhr früh, außerdem noch Grießschmarren mit Birnen oder Gugelhupf. Sollte der neue Bahnhof (wider Erwarten) doch etwas gleichschauen, dann liegt es an dieser Art von Grundversorgung für die Bauarbeiter.

Kommt natürlich nicht von irgendwo: Wirt und Küchenchef René Ringsmuth war viereinhalb Jahre im Steirereck, was sich nach wie vor ganz gut aus der Speisekarte herauslesen lässt: etwa die Idee, Räucherlachs mit Karfiol und gerösteten Erdnüssen zu kombinieren - das ist schon höhere Gaumen-Arithmetik. Die kann aber nur aufgehen, wenn auch die Qualität der Grundprodukte entsprechend ist: Traniger Batterielachs, wie er hier zum Einsatz kommt, wird auch durch derlei Aroma-Gymnastik nicht genießbarer. Viel besser geht es der Erdäpfelsuppe, einem kraftstrotzenden Eintopf mit ordentlich Majoran und Knusperspeck, die mengenmäßig durchaus zur Hauptspeise taugt. Oder dem fantastischen Beuschel, eigenständig gewürzt, mit einem leichten Milzton versehen. Oder dem Krenfleisch vom Bauch, saftig, scharf, mürb, Kraftnahrung für Muskelarbeiter. All das wird von zwei bestens disponierten, angenehm unaufdringlich agierenden Kellnerinnen aufgetragen - warum bloß findet sich diese Art von freundlicher Routine gepaart mit Effizienz nur noch selten im Gastgewerbe? (Severin Corti/Der Standard/rondo/06/02/2009)