Ultraklassisches Wirtshaus, jetzt wieder urwienerisch bekocht: das Posthorn in der Landstraßer Posthorngasse.

Foto: Gerhard Wasserbauer
Foto: Gerhard Wasserbauer

Das Wirtshaus zum Posthorn gibt es seit 1870. Die massive Schank ist aus der Vorkriegszeit, die prächtige Lamperie noch viel älter. Es gibt eine Telefonkabine mit Wählscheiben-Apparat, aus der Küche duftet es nach Bratlfett, und auch sonst scheint (bis hin zu den Häusl-Fliesen) alles in einem Zustand geschäftiger Musealität - als ob die mythenumrankte Wirtin Frau Steffi unverändert das Regiment führte und Helmut Qualtinger samt anderen längst verschiedenen Stammgästen erst am Morgen von dannen gewankt wäre.

Dabei sind seitdem Jahrzehnte vergangen, in denen das Posthorn schon einmal die Wiener Adresse für gepflegte Kärntner Spezialitäten war. Später versuchten zwei Brüder, hier ein Edelbeisl zu etablieren.

Zurück zu den Wurzeln

Bei Durchsicht der Speisekarte wird aber klar, dass Walter Winkler, der neue Betreiber, ganz offenbar zurück zu den Wurzeln will. Die Vorspeisen beschränken sich wie zu Urzeiten der Wiener Küche auf Suppen (Top-Leberknödel!), dafür gibt es kleine Speisen wie Würstel mit Saft. Bei den Hauptspeisen spannt sich der Bogen von gebackenen Champignons über Backhendl bis zu Schulterscherzel mit eingebranntem Kohlrabi und Erbsen. Der Blattsalat badet ganz ungeniert in schon vergessen geglaubter Zuckerwasser-Marinade. Spinat-Schafkäse-Knödel und Hühnerbruststreifen auf Blattsalat dürfen wohl als Konzession an den Zeitgeist (wenn auch den von vor 20 Jahren) verstanden werden.

Auch die Preisgestaltung wirkt über weite Strecken wie herübergerettet ins neue Jahrtausend: Zwei dicke Scheiben vom ofenfrischen Schweinsschopf samt kümmelig köstlichem Saftl, massivem Knödel und souverän abgeschmecktem Krautsalat im Extraschüsselchen kommen auf gerade einmal 8,90 Euro, das schulmäßig soufflierte Wiener vom Schwein mit, ja doch, extrasüßem Erdäpfelsalat ist um 8,60 Euro auch alles andere als überbezahlt. Am Zwiebelrostbraten muss noch gearbeitet werden, nicht nur weil das Saftl eine heftige Ladung Trockenthymian verpasst bekommen hatte, sondern auch und vor allem wegen der bis zur Bitterkeit frittierten Knusperzwiebeln.

Auch die Weinkarte ist mit bewundernswerter Kulanz kalkuliert, bei den Weißen hat man fast Mühe, eine Flasche über 20 Euro zu entdecken. Riesling Smaragd von Knoll wird um 31 Euro angeboten, da lohnt sich der Gang in die Vinothek kaum noch. Viel Vergnügen! (Severin Corti/Der Standard/rondo/20/03/2009)