Das neue Sommerbier ist verdünntes Vollbier und schmeckt auch so.

Foto: Matthias Cremer

Begonnen hat es vor gut zwei Jahrzehnten, als die Brau AG meinte, Österreich mit einem Leichtbier beglücken zu müssen, wobei die österreichischen Brauer (wie auch ihre deutschen Kollegen) einem Irrtum aufgesessen sind: In Chicago hatte die Peter Hand Brewing Company ein Bier namens "Lite" auf den Markt gebracht, das nach Übernahme durch Miller (1972) als "Miller Lite" zu einem Riesenerfolg wurde. Dieses Bier war (und ist) zwar leichter an Kohlenhydraten, was amerikanischen Diätaposteln wichtig ist, es schmeckt auch weniger vollmundig, leichter im Alkoholgehalt ist es aber kaum. Im deutschen Sprachraum konzentrierten sich die Brauer dagegen darauf, den Alkoholgehalt zu reduzieren.

Bei der Brau AG kam jedenfalls recht früh ein sehr dünnes Leichtbier mit dem Namen "Möven" heraus, es schmeckte nach verdünntem Bier und wurde kein großer Erfolg. Dabei ist es durchaus möglich, leichtere Biere mit viel Geschmack zu brauen. Guinness, das in der gängigen Version mit 4,2 Volumprozenten fast ein Fünftel leichter ist als gängige Pilsbiere, macht es vor: Ein leichteres Bier muss kräftiger schmecken - im Falle Guinness durch großzügigen Einsatz von Röstgerste und Hopfen sowie von obergäriger Hefe, die viel mehr Aromen produziert.

Ein "leichtes Hefeweizen"

Brauereien, die obergärige Biere produzieren, sind ohnehin im Vorteil: Diese Biere sind schon wegen ihrer Gärungsnebenprodukte spannender, aromatischer und vollmundiger als Lagerbiere. Deswegen ist es auch einfacher, ein "leichtes Hefeweizen" zu brauen als eine leichte Version eines Märzenbieres. Englische und amerikanische Brauereien haben langjährige Erfahrungen damit, wie man gehaltvolle, durchwegs obergärige Biere mit wenig Alkohol braut: Neben dunkleren Malzen finden sich in den Braurezepten solcher Ales stets großzügige Gaben von Aromahopfen. Hopfen trägt nämlich in hohem Maß zur Vollmundigkeit gerade auch von leichteren Bieren bei.

Das ist auch einer der Gründe, warum etwa bei Clausthaler in den vergangenen Jahren so viel mit Hopfenölen experimentiert wurde - inzwischen ist Clausthaler aromatischer als so manches Vollbier. Auch die Schwechater Brauerei hat in dieser Richtung einiges gelernt - nicht nur für Schlossgold, sondern auch für das Sommer-Zwickl, dem Spalter Select den Hopfencharakter verpasst. Nur in Puntigam geht man den Weg zurück zum "Möven": Das neue Sommerbier ist verdünntes Vollbier und schmeckt auch so. (Conrad Seidl/Der Standard/rondo/29/05/2009)