Sommerfrische, tief im Salzkammergut, ca. 1978?

Foto: Gerhard Wasserbauer

Der Eindruck täuscht: Im Nostalgieambiente der Koppenrast wird sehr zeitgemäß aufgekocht.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Das Gasthaus Koppenrast, malerisch am Ufer der Traun und am Fuße des Koppen gelegen, ist bei Radlern und Bikern beliebt. Die schmale Koppenstraße, die hier beginnt und Obertraun mit Bad Aussee verbindet, gilt wegen ihrer steilen Kurven und allgegenwärtigen Wildromantik als Gustostück einer Ausfahrt. Vielleicht sollten Radler in ihrem eigenen Interesse den umgekehrten Weg, vom Pass talwärts, wählen: Nach einem Zwischenstopp in der Koppenrast ist an Aufstieg nicht zu denken.

Anfangs wirkt der Gasthof mit den roten Coke-Sonnenschirmen, den lackierten Blechtischen und der strapazierfähig ausgelegten Innenausstattung nicht weiter bemerkenswert. Das unprätentiöse Bild einer verschlafenen Sommerfrische täuscht aber: Hier wird auf eine Art gekocht, wie man sie sich in einem Ausflugswirtshaus nur wünschen kann: Herbert Stricker, der die Koppenrast in vierter Generation führt, hat viele Saisonen am Arlberg gekocht und sieht überhaupt nicht ein, warum das, was für die noblen Gäste da oben gut genug war, für sein eigenes Wirtshaus nicht billig sein soll.

Von Ende April bis Oktober gibt es hier eine grundehrliche, richtig handgemachte Küche, in der Produkte aus der Region (neben Wild und Fisch vor allem herrliche Pilze) die Hauptrolle spielen. Sicher, Pasta, Oktopus oder Crème brûlée stehen auch auf der Karte - die lokale Kundschaft will halt etwas von der Welt am Teller sehen.

Aber es gibt auch ganz anderes: Wunderbar bissfeste Ravioli, prall gefüllt mit zart geschmortem Reh und mit winzigen Eierschwammerln, Bratenjus und Parmesan kombiniert - in Portionsgrößen, wie man sie sonst nur aus dem Friaul kennt. Oder Bachforelle, an der Haut knusprig und sonst glasig gebraten, auf Kohlrabi mit Rote-Rüben-Sauce: An der Traun soll nichts Schlechteres am Teller liegen! Tafelspitz (ganz herausragende Fleischqualität) hat eine absolute Rarität als Beilage: Semmelkren nämlich, den man mit Genuss statt Brechreiz essen kann, so schamlos mollig, samtig und doch von boshafter Schärfe kontrastiert gelingt der - wirklich, verdammt gut. Steinpilze, puristisch in Butter sautiert, haben den elastischen Biss und das Aroma tagesfrischer Ware und schmecken dementsprechend hinreißend.

Trotzdem: Für die Nachspeisen, von Marillenstrudel über Griesknödel mit Zwetschkenröster bis zur verboten guten Palatschinkentorte mit Gewürzorangen muss auch noch Platz sein - was weiß man, schon die nächste Rast kann wieder als Zumutung enden. Wohl gefüllt rollt man von dannen und freut sich für jene, die gerade ankommen. Aber Achtung: keine Kreditkarten! (Severin Corti/DerStandard/rondo/21/08/2009)