Die Passionsblume ist schön und im besten Fall ertragreich.

Foto: derStandard.at/Kraus

Wenn alles gutgeht, blicke ich in mehreren Wochen einer ungeheuerlichen Passionsfruchternte entgegen.

Zwar ist das Stiegenhaus mittlerweile nur noch erschwert passierbar, weil das Geländer dort im heurigen Frühjahr leichtfertig zum Überwuchern freigegeben wurde. Doch derlei Petitesse muss in Kauf genommen werden, geht es um das botanische Experiment.

Bei diesen äußerst wuchsfreudigen und attraktiven Stiegenhausrankern handelt es sich um drei Exemplare aus der Familie der Passionsblumengewächse Passifloraceae, und derzeit stehen sie in voller Blüte. Wunderschön.

Allein diese beeindruckenden lila-weißen, aber nur kurz geöffneten Blüten rechtfertigen das Ziehen der Passionsblumen, die übrigens auch unter dem Namen Maracujá bekannt sind. Nicht alle von ihnen aber tragen tatsächlich Frucht: Die Familie ist groß, man zählt mehr als 500 unterschiedlichste Passiflora-Arten.

Um welche es sich meinesfalls genau handelt, kann ich nicht sagen. Die Pflanzen erreichten freundlicherweise in Stecklingsform im Winter die Redaktion und waren Teil eines botanischen Tauschhandels mit einer Leserin, der nochmals Dank gebührt. Es steht zu hoffen, dass sich die südchinesischen Jiaogulan-Gegenstücke ebenfalls so gut gemacht haben, damit die Sache Gerechtigkeit erfährt. Wer zu viele Mails zu schlampig administriert, kann leider nicht mehr nachfragen.

Fremdbestäubung

Wahrscheinlich aber wuchert hier die Passiflora edulis, weil diese im Gegensatz zu anderen Arten nicht auf Fremdbestäubung angewiesen ist. Irgendwer muss aber für die Bestäubung in Innenräumen sorgen, und mangels Bienen und anderen blütenstaubtransportierenden Insekten legt man also am besten selbst Hand an und greift zum Pinsel.

Das tut übrigens auch der Stones-Gitarrist Keith Richards regelmäßig, wie er vor einigen Jahren in einem launigen Interview über seinen Obstgarten enthüllte. Er bepinsle alljährlich die Blüten seiner Pfirsichbäume, meinte er schelmisch, weil "die kleinen Schlampen" andernfalls ärgerlicherweise nicht ordentlich zu tragen gedächten.

Wir sind also doch alle irgendwie Gärtner.

Die Maracujá, so stand andernorts wiederum nachzulesen, lässt sich auch aus Samen ziehen, von denen es in allen Früchten natürlich viele gibt. Das kann also ausprobiert werden.

Sie mag es sehr hell, will keinesfalls austrocknen, und angeblich trägt sie deutlich besser, wenn man ihre je nach Sorte bis zu zehn Meter langen Ranken doch gelegentlich etwas kürzt und zurechtstutzt. Diese Nachricht erreicht mich zwar zu spät, lässt aber für die kommenden Jahre aufatmen. Denn angesichts mannshoher Avocadobäume, die Zimmerdecke durchstoßen wollender Bananenstauden und anderer aus diversen mitgebrachten Sämereien gezogener Exoten wird die Navigationsfläche eng. (Ute Woltron/Der Standard/rondo/09/10/2009)