Aufwändig restauriert: Die hölzerne "Veranda" des Schlosskellers bildet den eigentlichen Gastraum.

Foto: M. Corti

Lammbeuschel, mit allerhand exotischen Gewürzen auffrisiert.

Foto: M. Corti

Das Erste, was man vom Schlosskeller Seggauberg zu sehen bekommt, ist die Aussicht. Der spektakuläre Blick über den Sulmsee und die anmutig ondulierten Hügel der Südsteiermark eröffnet sich bereits vom Parkplatz. Besonders gut lässt er sich von der weitläufigen Terrasse aus genießen - aber dafür ist es heuer wohl zu spät.

Auch im Inneren hat das vor wenigen Wochen wiedereröffnete Wirtshaus seinen Reiz. Vor allem der Veranda genannte hölzerne Zubau mit langer Kastenfenster-Front ist eine Wirtshausstube aus dem Bilderbuch. Bis es Abend wird zumindest: In grünstichiges Energiesparlicht getaucht. tut sich selbst eine uralte Lamperie mit dem Stimmungmachen schwer.

Aberwitzige Leidenschaft

Wolfgang Karlinger im Service und Stefan Prenninger in der Küche haben lange gemeinsam unter wechselnden Chefs gearbeitet, die sich aber durchwegs durch ihre großen Namen auszeichnen: Karl Eschlböck, Eckart Witzigmann, Jörg Wörther, Josef Viehauser - kompletter könnte eine Liste der allerbesten Austroköche der vergangenen 30 Jahre kaum sein. Da darf man sich vom ersten eigenständigen Projekt der beiden durchaus einiges erwarten. Zumindest die Weinkarte erfüllt das auf beachtliche Weise: Wie da in einem südsteirischen Wirtshaus die großen deutschen Gewächse und französischen Grands Châteaux präsentiert werden, wie da der wahrhaft außergewöhnliche Carnuntum-Winzer Jörg Bretz gleich mit etlichen Jahrgängen vertreten ist, wie da fantastische Piemontesen und Toskaner bereitliegen (und viele, viele Steirer sowieso), das zeugt schon von aberwitziger Leidenschaft.

Die Küche zieht da durchaus mit. Auf Vorbestellung gibt es große Braten: aufgesetzte Sulmtaler Henne oder Kapaun, aber auch Kalbsniere im Ganzen, Seesaibling gefüllt oder den kompletten Rücken einer Duroc-Sau. Freilich gibt es Wiener Schnitzel, Backhendl und brav gekochtes Schulterscherzl mit Röster und Spinat - in Zeiten wie diesen wäre es wohl töricht, als frisch eröffnetes Ausflugswirtshaus auf die große Mehrheit möglicher Kundschaft von vorneherein zu verzichten. Aber es geht auch ganz anders: gegrillte Lammleber mit Waldpilzen etwa oder Beuschel vom Lamm, das fein säuerlich abgeschmeckt und mit allerhand Gewürzen auffrisiert wird. Oder Kalbshaxenravioli auf samtiger Selleriecreme mit schwarzen Nüssen und lauwarm geräu- cherter Wels auf Steinpilztartare mit geschmol- zenem Kalbskopf und allerhand knackigen Sprossen - sehr gut! (Severin Corti/Der Standard/rondo/30/10/2009)