Kleid von Prada

Foto: Stefan Armbruster

Links: Kleid von Miu Miu, Haarklammer Lanvin
Rechts: Blazer von Sportmax, Rock Strenesse, Aktenkoffer Louis Vuitton, Kette Yves Saint Laurent

Foto: Stefan Armbruster

Rollkragen von Sportmax, Rock Viktor & Rolf, Kette und Pumps Louis Vuitton

Foto: Stefan Armbruster
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Kleid von Yves Saint Laurent, Stulpen Anna Aichinger, Strümpfe Wolford, Pumps Jil Sander

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Gabriele Strehle (54) ist für die Designagenden bei dem in Nördlingen beheimateten Modeunternehmen Strenesse zuständig.

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Ihr Mann Gerd (67) ist Vorstandsvorsitzender.

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DER STANDARD: Was darf man im Büro nicht tragen?

Gabriele Strehle: Einen zu kurzen Rock.

DER STANDARD: Gilt die Regel noch, dass der Rock bis eine Handbreit über das Knie reichen solle?

Gabriele: Das ist zu schematisch. Büros sind ein von Männern dominierter Bereich. Gerade hier sollten Frauen ihre Persönlichkeit, ihre Weiblichkeit unterstreichen. Das heißt nicht, dass sie sich nach der gerade aktuellen Mode richten müssen.

DER STANDARD: Es wird behauptet, dass heute in der Mode alles erlaubt sei. Fürs Büro gibt es aber weiterhin ein Regelwerk, oder?

Gabriele: Ein unausgesprochenes Regelwerk. In den Neunzigern wurde es von Männern festgelegt. Frauen sahen aus wie Männer: das klassische Hemd, der strenge Anzug. Heute kleiden sich Frauen weiblicher. Die Bluse muss kein Herrenhemd sein, sie darf feminin sein.

DER STANDARD: Darf sie auch erotisch sein?

Gabriele: Verboten ist gar nichts, aber wenn ich im Job weiterkommen will, muss ich sensibel sein, was ich tragen kann und was nicht.

DER STANDARD: Was ziehen Sie selbst im Büro an?

Gabriele: Ich trage fast nur Schwarz, manchmal eine weiße Bluse. Ich möchte keine Kleidung tragen, die mich von der Arbeit ablenkt. Man kann nur kreativ sein, wenn man sich selbst zurücknimmt. Wenn du eine Vision hast, kannst du nicht im geblümten Kleid dasitzen.

DER STANDARD: Es könnte die eigene Individualität unterstreichen.

Gabriele: Ich spreche von mir. Mich lenkt es ab.

DER STANDARD: In einem Ratgeber für Büromode habe ich gelesen, dass die angemessenen Farben für Frauen Grau, Blau, Braun und Schwarz seien. Das klingt sehr langweilig, oder?

Gabriele: Inhaltlich ist das nicht verkehrt. Es darf auch mal Olive dabei sein. Entscheidend ist, dass die Formen feminin sind. Der Hosenanzug muss nicht aussehen wie ein Männeranzug.

DER STANDARD: In der Männerwelt ist der Anzug eine Allzweckwaffe. Wünschen Sie sich eine solche auch für Frauen?

Gabriele: Nein, da kommt bei Frauen die Erotik und die Lust am Ausprobieren dazu. Die Mode ist bei Frauen wandelbarer als bei Herren. Wenn ich vor zwei Jahren für unsere Businesslinie ein Kleid entworfen hätte, wäre ich auf Unverständnis gestoßen. Heute ist das Kleid mit zugehörigem Mantel ein neuer femininer Look.

DER STANDARD: Herr Strehle, wie sollen Frauen im Büro aussehen?

Gerd Strehle: Ich muss meiner Frau unter die Arme greifen: Es ist ein großer Unterschied, ob man in einer Bank arbeitet oder in einem Modeunternehmen. Natürlich gibt es in einer Bank gewisse Farberwartungen. Das ist ein stockkonservativer Bereich. Außerhalb von Banken muss eine Frau aber nicht mehr ihren Mann stehen, sie darf als Frau die Männerwelt aufmischen - mit der ihr eigenen Emotionalität. Ich möchte Frauen von ihrer femininen Seite sehen. Nur eines geht nicht: Kleidung darf nicht aufreizend sein.

DER STANDARD: Darf sie sexy sein?

Gerd: Ja. Man darf auch Dekolletee und Rücken zeigen.

DER STANDARD: Wann ist ein Mann gut angezogen?

Gabriele: Das erkennt man an seinen Schuhen. Sie spiegeln sein Stilbewusstsein wider.

DER STANDARD: Schöne Schuhe nutzen bei einem schlecht sitzenden Anzug wenig.

Gabriele: Wenn ein Mann in den Spiegel blickt und sich toll findet, dann liegt er richtig. Meistens sind beim Einkauf eh Frauen dabei, die ihm einen Ratschlag geben.

DER STANDARD: Wie viel Erotik verträgt ein Männeranzug?

Gerd: Als Mann können Sie die Erotik nicht so ausdrücken wie eine Frau, Sie können das nur durch den Schnitt des Sakkos und der Hose machen. Je enger es anliegt, umso mehr drücken Sie aus, was Sie sein möchten. Ein Freund von uns ist einer der Topmanager Deutschlands, ich will jetzt nicht seinen Namen sagen, er trägt unsere Marke sehr gern. Wenn ich in einer Vorstandssitzung bin, sagt er, erwartet man von mir diese übliche Managersicherheitskleidung, ein bisschen weiter geschnitten, vielleicht ein Zweireiher. Es gibt da eine deutsche Marke mit vier Buchstaben, so was erwartet man sich da. Ein anderer Freund ist Psychologe, er ist der Psychologe Deutschlands. Wenn er vor großen Menschenmengen spricht, sagt er, fühlt er sich in einem Strenesse-Anzug stark und sexy.

DER STANDARD: Wird ein Mann, der zu modisch ist, nicht ernst genommen?

Gabriele: Ist ein Mann zu modisch angezogen, ist er sich selbst nicht treu. Wenn ich mit mir selbst in Balance bin, dann brauche ich kein Schnickschnack.

DER STANDARD: Modische Menschen wollen von sich ablenken?

Gabriele: Letztendlich ja. Manche Menschen brauchen laute Mode. Es muss ihnen klar sein, dass laute Mode mehr vom Charakter ablenkt als reduzierte Mode.

DER STANDARD: Darf ein Mann eine Herrenhandtasche tragen?

Gerd: Eine Aktentasche ja. Bestimmte Herren können auch eine Herrenhandtasche tragen, bestimmte nicht.

DER STANDARD: Was sind das für bestimmte Herren?

Gerd: Jene, die es sich einfach rausnehmen.

DER STANDARD: Was ist die richtige Hosenlänge derzeit? Beim amerikanischen Designer Thom Browne reichen die Hosen nur noch bis zum Schienbein.

Gabriele: Die Hose darf nicht auf den Schuhen aufliegen, eine Baumwollhose darf auch schon einmal etwas kürzer getragen werden. Zu Turnschuhen sieht das auch besser aus. Aber auch hier gilt: Es ist eine Typenfrage. Mein Mann darf keine zu kurze Hosen tragen.

DER STANDARD: Welches Sakko trägt man derzeit? Momentan sieht man wieder viele Doppelreiher.

Gerd: Es gibt Zweireiher-Typen, die schauen im Zweireiher fantastisch aus. Ich sehe in ihnen gequält aus. Wenn man eine größere Fülle hat, dann passen Zweireiher. Das hängt zudem von der Kopfform ab. Es gibt auch Männer, die sehen in Sakkos mit Goldknöpfen fantastisch aus.

DER STANDARD: Der deutsche Politstar Karl-Theodor zu Guttenberg trägt gerne Doppelreiher. Zieht er sich gut an?

Gabriele: Ja, er bindet sich auch seinen Krawattenknoten selbst. Das ist nicht selbstverständlich.

DER STANDARD: Was denken Sie über Ihre Bundeskanzlerin?

Gabriele: Frau Merkel hat in den vergangenen Jahren ihren Stil gefunden und ist ihm treu. Sie ist keine Frau Bruni, hat keine Modelmaße, für ihre Proportionen ist sie aber gut gekleidet.

DER STANDARD: Das klingt sehr diplomatisch.

Gabriele: Das meine ich nicht so. Wenn man sich ansieht, wie sie vor vier Jahren gekleidet war und was sie heute anzieht, sieht man, welchen Weg sie zurückgelegt hat. Selbst die vielen weißen Knöpfe hat sie reduziert. Frau Merkel konzentriert sich auf Farben und auf Hosenanzüge. Das ist gut so.

DER STANDARD: Der neue Polit-Modestar ist Michelle Obama. Können Sie das nachvollziehen?

Gabriele: Für die Amerikaner ja. Obama verlässt sich auf amerikanische Designer, Carla Bruni auf französische, Merkel auf deutsche. Strenesse trägt sie derzeit zwar nicht. In Zukunft würde ich sie gerne einkleiden. Das geht allerdings nicht von einem Tag auf den anderen. Um diese Aufgabe gut zu meistern, muss man sich viel Zeit nehmen.

DER STANDARD: Frau Strehle, was passt Ihrem Mann besonders gut, wenn er in der Früh ins Büro geht?

Gabriele: Ich liebe an ihm weiße Hemden, sie sehen an ihm supergeil aus. Aber er ist mein Mann: Ich mag alles an ihm.

DER STANDARD: Herr Strehle, was steht Ihrer Frau besonders gut?

Gerd: Ein weißes, langes Hemd und hautenge, schwarze Jeans.

DER STANDARD: Wünschen Sie sich keine Farbe an ihr?

Gerd: Da fühlt sich meine Frau erschlagen.

Gabriele: Bei meinen Kaschmirs habe ich sehr wohl verschiedene Farben.

Gerd: Du hast auch rote Schuhe.
(Stephan Hilpold/Der Standard/rondo/06/11/2009)