Ein neapolitanisches Restaurant in Wien-Margareten: Karierte Tischtücher vom Feinsten.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Bei den Speisen hapert's.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Eigentlich, so sagen Elena und Francesco Gandolfi, eigentlich wollten sie ihr Ristorante als echte neapolitanische Trattoria führen und jene Gerichte der Arme-Leute-Küche auf die Karte setzen, die es auch im Lokal von Elenas Mamma, der Trattoria Silvana O'Tabaccar, daheim in Neapel gebe: Fiorini fritti etwa, mit Mozzarella und Sardellen gefüllte, frittierte Kürbisblüten; oder Pasta e Patate, jenen urtümlichen Eintopf mit Speck, Tomaten, Sellerie und Erdäpfeln, bei dem die Pasta direkt in der Suppe gart, bis die gewünschte, einerseits dickflüssige, anderseits bissfeste, Konsistenz erreicht ist und mittels Olivenöl, Pecorino und Peperoncino abgeschmeckt wird. Oder die legendäre Pasta con la Genovese, der zutiefst neapolitanischen Sauce aus Rindfleisch, viel geschmortem Zwiebel und allerhand Gewürzen, die mit Ziti, einer lokalen Variante der Penne, aufgetragen werden muss.

Immer mit Tomatensauce und in großen Portionen

Tatsächlich gibt es diese wunderbaren Gerichte, die, wie stets in Italien, auch eine Geschichte über ihre Herkunft erzählen, nur auf Vorbestellung. Auf der Karte des vor einigen Monaten eröffneten "Sale e Pepe" stehen stattdessen vergleichsweise gesichtslose Italo-Standards, wie sie in angeblich italienischen Restaurants zwischen Krakau und Phuket auch serviert werden: Carpaccio, Caprese, Spaghetti Bolognese, Arrabbiata und Puttanesca, mit Mozzarella und Schinken gefüllte Hühnerbrust und andere Fantasy-Gerichte. "Wenn man wochenlang in den Müll werfen muss, was man zuvor mit Liebe gekocht hat, dann vergeht einem die Lust auf Gerichte aus der Heimat", sagt Elena, "dann kocht man eben so, wie sich die Kunden in Wien italienische Küche vorstellen: Immer mit Tomatensauce, in großen Portionen und vor allem schnell."

Selbst für solche Gäste wäre es ungeschickt, sich mit den Langeweilern aus der Standardkarte zu begnügen - mündlich vorgetragene Tagesgerichte gibt es nämlich schon noch. Pasta mit Muscheln und viel Knoblauch etwa, sehr korrekten Oktopussalat, gegrillten Fisch, der hier in anständiger Qualität und zu vergleichsweise fairen Preisen serviert wird. Samstags kommt allwöchentlich eine Lieferung mit frischem Käse aus der Heimat, dann gibt es eine außergewöhnlich feine Burrata, gute Büffelmozzarella, hie und da auch einen gereiften Caciocavallo. Wer sich auf die "cucina povera" Neapels einlassen möchte, sollte tags zuvor angerufen haben. Allein die Pasta fagioli mit Venusmuscheln wäre es wert! (Severin Corti/Der Standard/rondo/06/11/2009)