Das zauberhafte Naturschwimmbad von Bernstein im Burgenland wird jetzt von einem Sizilianer bekocht, dazu gibt es ganz beachtliche Weine.

Foto: Gerhard Wasserbauer
Foto: Gerhard Wasserbauer

Eigentlich ist allein die Fahrt nach Bernstein die Reise wert. Von Wien empfiehlt sich, schon in Krumbach von der Süd abzufahren - so spart man sich den Wechsel und schraubt sich statt dessen über kleine Straßen, hügelauf, hügelab in diese höchstgelegene Gemeinde des Burgenlands. Da wartet ein ziemlicher Batzen Ausblick in die Weiten der pannonischen Ebene, eine zauberhafte Burg, in der einst der originale English Patient und Afrikaforscher László Almásy residierte - und ein Naturschwimmbad. Das nennt sich nicht etwa deshalb so, weil es von Wäldern und Wiesen umgeben ist und man beim Planschen Hochlandrindern beim Wiederkäuen zusieht, sondern weil es von Wasserpflanzen derart ingeniös bevölkert ist, dass es ganz ohne Chemie sauber bleibt.

Gemeinsam mit seiner Frau Doris hat heuer Thomas Diezl die Bad-Kantine übernommen und mit Francesco Augello einen sizilianischen Koch engagiert, der einst in der Trattoria La Fiamma in Wien aufkochte. Thomas Diezl wiederum hat, auch schon vor mehreren Jahren, eine Naber-Kaffee-Filiale im Fifties-Design in der Margaretenstraße zu einer mehr als charmanten Weinbar umgestaltet. Seit vier Jahren aber lebt er nun in Bernstein. Als die Kantine des Bades frei wurde, erschien die Gelegenheit zu gut, um es nicht doch wieder mit der Gastronomie zu versuchen.

Chaotische Entspanntheit

Einstweilen geht es noch ein bissl chaotisch zu, das tut der Entspanntheit der Betreiber freilich keinen Abbruch. Augello bäckt herrliches Brot in einem alten Pizzaofen, dazu gibt es einfache Antipasti: ein bissl Wurst und Käse, die Caponata aus Melanzani, Paradeisern, Oliven und Kapern ist aber eindeutig selbstgemacht. Auch die Spaghetti al pomodoro mit einem Löffel sahniger Ricotta obendrauf würde man sich in dieser lässigen Perfektion keineswegs in einem burgenländischen Freibad erwarten. Bei den Hauptspeisen, etwa Schweinslungenbraten in Champignoncreme, scheint sich Augello hingegen an lokale Kochtechniken anzunähern: Zwar ist das Fleisch durchaus italophil zartrosa gebraten, eine Sauce mit derart massivem Obersaufguss würde bei den Nachbarn im Süden aber kaum durchgehen. Ganz im Gegensatz zum intensiv espressiven Tiramisù, das ganz und gar sizilianisch mit Pfefferminz- und Alchermes-Likör vollendet wird. Richtig super: die gut kalkulierten Weine (je fünf Weiße und Rote), die Diezl alle paar Wochen wechselt und die, wie schon in der Weinbar, einen durchaus internationalen Horizont beschreiben. (Severin Corti/Der Standard/rondo/07/05/2010)