+++Pro
Von Roman David-Freihsl
Es war eine diese TV-Werbungen, die sich in der Jugend für immer ins Gedächtnis eingebrannt haben. Nein, hier geht es nicht um den legendären Bawag-Spot mit der Familie, die glückselig und für junge Männeraugen höchst eindrucksvoll über die Wiese lief (Stichwort: Wupp, Wupp). Nein, besagter Werbefilm war einem Rasierwasser gewidmet und quasi im Familien-Anbahnungs-Stadium angesiedelt. Zu sehen war eine in ein Jeanshemd züchtig gehüllte, sichtlich testosteronstrotzende Männerbrust, an der eine zarte Frauenhand erwartungsvoll herumfingerte. Knöpfel, knöpfel, knöpfel ... begann die Entblätterung – bis die Hand des Mannes dazwischenfuhr und Einhalt gebot: "Denim – und Sie haben jede Situation fest im Griff!" Wir haben uns jedes Mal, wenn das flimmerte, gedacht: "So ein Trottel! Was macht der da?" Aber später entdeckten wir, dass Jeanshemden tatsächlich unwiderstehlich sind – wenn sie von Frauen getragen werden. Und mussten leidvoll erkennen, dass es in Wirklichkeit sie sind, die jede Situation fest im Griff haben.
Contra---
Von Thomas Rottenberg
Erstens: "Wenn eine Frau einem Mann Denim gibt, dann ..."
Zweitens: Es gab einmal eine Zigarette im gefakten Jeansstoff-"Design"-Packerl. "Johnny" oder so ähnlich hieß die Marke. Damals war das ein richtiger Prolo-tschick: a3-Raucher hatten immerhin Rückgrat. Sie taten nicht so, als wären sie etwas Besseres als Treff- und Dames-Raucher. Johnny dagegen ... Das Johnny-Jeanspackerl wurde gern zur Camouflage anderer Zigaretten verwendet: Mit dem Jeanspackerl in der Hemdtasche war man vor Schnorrern sicher. Viele Johnny-Raucher wählten die Marke, weil das Packerl zum Hemd passte.
Drittens: Jeanshemdenträger heißen heute entweder Peter Maffay – oder aber sie sind Musiker in Bands, die auf deutschen Truckerfahrerfesten aufspielen. Deutsche Truckermusik ist die rachitische Simulation von Western-Kultur für Menschen, die Lkw-Fahren für die zeitgenössische Version des Wildwest-Lifestyles halten. Bloß: Cowboys trugen keine Jeanshemden – schon aus Gründen der Selbstachtung. (Der Standard/rondo/28/05/2010)