"Berufsjugendliche" nennt man Menschen, die partout nicht altern wollen, und ein wenig geht es auch den Dr. Martens so.

Foto: Ursula Schersch

Wir wollen heute kurz innehalten, um eines der Geburtstagskinder dieses Jahres hochleben zu lassen. Obwohl es noch richtig jung ausschaut, hat es bereits 50 Jahre auf den Sohlen. "Berufsjugendliche" nennt man Menschen, die partout nicht altern wollen, und ein wenig geht es auch den Dr. Martens so. Sie begleiteten uns aufs erste Cure-Konzert und später auf Interrail, wir besprühten sie mit silbernen Lackfarben und die Mädels mit Blümchen. Das fanden wir schon damals ziemlich blöde, und wenn heute jemand mit metallisch pinken Docs samt grünen Tupfern drauf vorbeigeht, schauen wir betreten weg.

Dr. Martens sind nämlich so etwas wie die heiligen Kühe der Schuhwelt, über die richtige Anzahl der Löcher oder die passende Farbe diskutierten wir mit demselben Eifer wie über die Frage, ob lange Ohrringe bei Jungs cool oder feminin sind. Zu einer Entscheidung konnten wir uns nicht durchringen, und heute ist das auch ziemlich egal. Den Docs konnten nämlich weder die Skinheads etwas anhaben noch der Schwarze Block, und selbst als alle nur mehr Chucks trugen, reckten sie stolz ihre Stahlkappen in die Höhe.

Ihren unangepassten Geist haben Doc Martens über all die Jahre hinweg nicht wirklich verloren, selbst als sie alle trugen, fühlte man sich immer ein wenig anders als die anderen. Das ist das Geheimnis dieser klobigen Schuhe, die selbst die Verlagerung ihrer Produktion von England nach Asien überstanden haben. Ihre Qualität hat darunter mehr gelitten als ihr Ruf. Die Snobs unter den Docs-Träger greifen seitdem zur Vintage-Kollektion und rümpfen angesichts von Trägerinnen wie Heidi Klum die Nase. Aber auch das war schon immer so. Wahre Docs-Träger gab es immer nur ganz wenige. Oder eigentlich nur einen - und zwar man selbst. (Stephan Hilpold/Der Standard/rondo/12/11/2010)