Ein bissl was geht immer noch:

Foto: Gerhard Wasserbauer

Das bislang ambitionierteste "Neni" wurde im Stilwerk eröffnet - mit Holzkohlenofen und PölzelbauerBäckerei!

Foto: Gerhard Wasserbauer

Im Vergleich zur großstädtischen Pracht des nun schon fast ganz eröffneten Bauwerks am Donaukanal (Hotel samt Aussichtsrestaurant folgen am 14. Dezember), wirkt die Ware in den Boutiquen oft noch ein bissl bieder. Kein Wunder: Einen derart abgehoben schönen Einkaufstempel gab es in unseren Breiten bislang nirgends zu bestaunen - woher sollen wir dann wissen, welch ein Luxus sich in so was gut verkaufen ließe? Aber keine Sorge, das hat noch jeder schnell heraußen gehabt.

Als Kontrast zum Glitter der Shops nimmt sich das in der Eingangshalle positionierte Restaurant von Haya Molcho bewusst zurück, wirkt mit rohen Eichendielen und metallverkleideten Wänden (Design: Eva Beresin) vielmehr "industrial" und ziemlich hemdsärmelig. Auch die Tische sind aus dicker Eiche, in der Mitte ist jeweils eine Platte aus Sandstein eingelassen. Das sieht gut aus, hat aber auch einen praktischen Nutzen.

Geschmack des Orients

Das eigentliche Zentrum und Herz des neuen Neni steht nämlich in der Küche - in Form eines massiven Holzkohleofens der katalanischen Josper-Schmiede, mittels dessen Molcho ihrer bunt nahöstlichen Mittelmeerküche eine neue, in Wahrheit aber geradezu urtümliche Dimension zu verpassen gedenkt. Der Geschmack des Orients ist ja ganz wesentlich vom rauchigen Aroma offener Feuerstellen charakterisiert, auf denen gegrillt, geschmort, gebacken wird. Nun mag der Josper ein High-Tech-Ofen der Oberklasse sein, der Geschmack, den er den Speisen verleiht, hat exakt jene archaische Qualität. Besser als auf Holzkohle gegrillt kann ein Kebab, ein Burger nicht schmecken. Für einen im Feuerofen gebackenen großen Braten gilt dasselbe.

Womit wir bei den Steinplatten in den Tischen sind: Da werden die Platten abgesetzt, wenn sie brennheiß aus der Glut kommen: Geschmorte Lammstelzen von fantastischer Würzkraft, Entrecôtes mit Café-de-Paris-Butter, Wachteln oder Goldbrassen im Ganzen. Aber auch gefülltes Gemüse, gegrillte Paprika mit Labne, selbst gemachte Salsiccia vom Lamm. Frühstück gibt es natürlich auch, wobei sich konsistente Charaktere wohl ziemlich schnell auf die herrlich zarten "Frischen" - Weißwürstel vom Döllerer - stürzen werden oder überhaupt auf die pochierten Eggs Florentine mit Blattspinat und satt-cremiger Sauce Mornay. (Severin Corti/Der Standard/rondo/10/12/2010)