Eine Fahrradtour durch Bangkok kann zum Streifzug durch verschiedenste kulturelle Einflüsse werden.

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Im Pulk wagt man sich in Gassen, denen man nie zutrauen würde, dass sie irgendwo hinführen. Als Belohnung tauchen unvermutet farbenfroh inszenierte Porträts des Königs auf - oder Tempel, in denen sich mehr Mönche als Touristen um den ansässigen Riesenbuddha scharen.

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Die Stadt am Chao Phraya ist berühmt für zahlreiche Tempelanlagen und eine beeindruckende Skyline.

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Neben chinesischen und indischen Communitys gibt es auch ein kleines Viertel...

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... dessen Bewohner teilweise noch von portugiesischen Einwanderern aus dem 16. Jahrhundert abstammen.

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Von hinten drängt ein gefährlich ächzender Bus, vorne wartet eine ungeduldige Menschenmenge, die in diesen einsteigen will. Für den Fahrradfahrer, der sich dazwischen zwängt, haben beide wenig Verständnis.

Rechts kommt ein Taxi gefährlich nahe, links ist den Fußgängern egal, dass sie gleich von einer Lenkstange gestreift werden. Der Weg durch ein Marktgebiet schlingt sich um mit Stoffballen vollgepackte Mopeds und Kundschaft, die getrockneten Fisch inspiziert.

Radfahren in Bangkok erfordert Geschicklichkeit

In den engen Gassen der Wohnviertel trifft man weniger Menschen. Sie begutachten die orientierungslosen Touristen, die unter ihren Fahrradhelmen schwitzen umso genauer. Reicht der Platz, um zwischen der Frau hinter den dampfenden Pfannen auf der einen und den Männern an den Plastiktischen auf der anderen Seite des schmalen Weges durchzukommen? Wird der nachkommende Motorradfahrer schon ungeduldig? Geht sich die abrupte Kurve am Hauseck mit dem schlafenden Hund davor und der daneben sitzenden misstrauischen Oma aus? Und bitte, wie um Himmels willen soll man dabei auch noch Fotos machen?

Radfahren in Bangkok erfordert manchmal Geschicklichkeit. Geführt von ortskundigen Veranstaltern, die Räder, Helme und gute Ratschläge zur Verfügung stellen, wird dem pedalgetriebenen Entdeckungsreisenden aber die Angst weitgehend genommen. Reifen mit Patschen verhelfen während ihrer Reparatur an Ort und Stelle zu einer Pause.

Im Pulk wagt man sich in Gassen, denen man nie zutrauen würde, dass sie irgendwo hinführen. Als Belohnung tauchen unvermutet farbenfroh inszenierte Porträts des Königs auf - oder Tempel, in denen sich mehr Mönche als Touristen um den ansässigen Riesenbuddha scharen.

Straßenverkehr weniger schlimm als sein Ruf

Trotz des abenteuerlichen Potenzials für nicht ortskundige Radfahrer ist Bangkoks Straßenverkehr mittlerweile weniger schlimm als sein Ruf. Zur Entlastung tragen die drei Linien der neuen Hochbahn "Skytrain" maßgeblich bei. Bisher war der Fluss Chao Phraya mit seinen Passagier- und Schnellbooten die einzige Hauptschlagader öffentlichen Verkehrs.

Auch der Smog war vor einigen Jahren noch viel schlimmer: Wiederkehrende Bangkok-Veteranen staunen geradezu, wie blau der Himmel über der Stadt der Engel plötzlich ist.

Wer mit der fortgeschrittenen Übung einer Fahrradtour die Stadt unsicher macht, hat die touristischen Hotspots wahrscheinlich schon hinter sich. Bangkok bietet als relativ junge Hauptstadt ein großes, aber recht homogenes Angebot an historischer Architektur. Was aber nicht heißt, dass davon etwas nicht sehenswert wäre.

Den Cocktail im Vertigo, der bekannten Open-Air-Bar auf dem Wolkenkratzer-Dach des Banyan-Tree-Hotels, hat sich erst verdient, wer in der Aneinanderreihung von Pagoden, Pavillons, Buddha-Hallen und Mausoleen des Großen Palastes nichts ausgelassen und sowohl die königliche Elefantenaufstiegsstelle sowie die handgemalte Tapete im Audienzsaal begutachtet hat.

Die Kleidung der allerheiligsten Figur des Jadebuddhas wird zu den Jahreszeitenwechseln übrigens nicht mehr, wie die Tradition vorsieht, vom König selbst gewechselt. Aufgrund seines hohen Alters macht das jetzt der Kronprinz.

Liegender Buddha

Wer außerdem noch zur Kenntnis genommen hat, dass der Wat Arun, der Tempel der Morgenröte, im kambodschanischen Stil gehalten und mit chinesischem Porzellan getäfelt ist, darf vor dem Vertigo noch zur Thai-Massage, um die Schmerzen des Stadtmarsches mit jenen Ellbogen zu mildern, die sich kraftvoll zwischen Rippen bohren.

Der riesige liegende Buddha von Wat Po macht die Dreieinigkeit herausragendster Tempelanlagen, die jeder Erstankömmling in Bangkok abklappern muss, komplett.

Ein ansehnliches chinesisches Viertel mag man in einer südostasiatischen Metropole erwarten. Mehr überrascht vielleicht, wenn hinter dem Fahrradlenker eine Kirche auftaucht, die samt mittigem Kirchturm, Buntglasfenstern und kitschigen Figuren der Heiligen Maria und Franz von Assisis im Garten auch irgendwo am Mittelmeer stehen könnte. Nicht zufällig. Handelsbeziehungen im 16. Jahrhundert haben eine vielleicht 300-köpfige, noch zum Teil portugiesischstämmige christliche Community rund um die Kirche Santa Cruz am westlichen Ufer des Chao Phraya hinterlassen. 

In Chinatown blüht der Handel

Eine erste Kirche wurde hier bereits 1770 errichtet, das neue Gebäude wurde Anfang des 20. Jahrhunderts von italienischen Architekten erbaut. In einem der offenen Wohnzimmer, die die engen Gassen um die Kirche säumen, werden neben Fisch auch vertraut europäisch anmutende Kekse zubereitet und verkauft. Die Rezepte aus der alten Heimat haben offenbar die Jahrhunderte durchdauert.

Während die kleine portugiesische Minderheit also für exotische Bäckereien zuständig ist, haben sich auch andere Volksgruppen zur Arbeitsteilung zusammengefunden. Traditionell kommt die Mehrheit der Taxifahrer aus dem Nordosten des Landes. Unter den Schneidern, die für das Klischee der billigen, maßgefertigten Seidenhemden sorgen, sind besonders viele Inder. Und, Überraschung, in Chinatown blüht der Handel.

Sie alle tragen zur facettenreichen kulinarischen Kultur bei. Sich von der Garküche am Straßenrand bis zum Spezialitätenbuffet hinter der Flussterrasse des Millennium Hilton durchzukosten kann zur Hauptaufgabe eines Aufenthalts werden. Und so gut wie alles kann man mit einem Chang-Bier runterspülen. Chang heißt Elefant, und der ist immerhin heilig.

Chang-Bier verzichtbar

In einem kulinarischen Sonderfall ist das Chang-Bier aber verzichtbar. Das besagte Restaurant im Hilton verfügt seit 2008 über einen der größten Käseräume Bangkoks. Das Hotel wird damit dem Trend zu westlich inspirierter Käsekultur in Ost- und Südostasien gerecht.

Ein italienischer Käsesommelier wacht über eine für diese Weltgegend überraschend große Auswahl, die von französischem Reblochon de Savoie bis zu Colston Basset Stilton aus Nottinghamshire reicht. Dekadent. In diesem Fall kommt man jedenfalls am in Thailand verhältnismäßig teuren, dazugehörigen Wein auch nicht mehr vorbei. (Alois Pumhösel/Der Standard/rondo/21/01/2011)

Handelsbeziehungen im 16. Jahrhundert haben eine vielleicht 300-köpfige, zum Teil noch portugiesisch-stämmige christliche Community rund um die Kirche Santa Cruz am Ufer des Chao Phraya hinterlassen.