Dass diese Landwirtshäuser immer so pflegeleicht renoviert sein müssen!

Foto: M. Corti

Dafür tut sich die Küche so richtig viel an.

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Artur Wundsam jun. hat in der wohl wunderbarsten Küche des Mühlviertels, bei Helmut Rachinger im Mühltalhof, gelernt, danach sieben Jahre im Steirereck (Wien und Pogusch) gekocht, dazwischen war er bei einem Zweisterner in Portugal unter Vertrag. Seit vergangenem Jahr aber steht der junge Mann im elterlichen Wirtshaus in Neustift im Mühlkreis am Herd, hart an der Grenze zu Bayern. Gut die Hälfte der Gerichte, die er hier aus der Küche schießt, besteht laut eigenen Aussagen aus Schnitzel und Konsorten - "da kannst machen was du willst, in der Hauptsache wollen die Leute halt so was".

An jenem winterlichen Sonntagmittag, als im Festsaal des pflegeleicht renovierten Dorfgasthofs gerade der Sparverein ausgezahlt wird, gibt es daran keine Zweifel. Wer sich dennoch für eine der anderen Optionen auf der kleinen, regelmäßig wechselnden Karte entscheidet, wird dafür reich belohnt. Wundsam kocht bestechend gut, vor allem aber besteht er darauf, dass wirklich alles (bis auf, "selber schuld", die Pommes zum Schnitzel) hausgemacht ist.

Kohlroulade, Zwiebelrostbraten und Bratl in der Rein

Das erkennt man etwa an der Suppe, einer klaren, dunklen Brühe von solcher Finesse und Kraft, dass man gleich noch eine Portion bestellt - aber diesmal mit knusprig gebratenem Leberknödel, um zu prüfen, ob er den herrlichen Frittaten das Wasser reichen kann (er kann - und wie!). Aber auch die Kohlroulade, eine der Gegend entsprechende Umschreibung für einen Berg Schweinsfaschiertes, das keusch in ein einzelnes Kohlblatt gehüllt wird, ist die Anfahrt wert: saftig, fein gewürzt, mit gebratenen Schalotten geschmort und mit ganz wunderbaren, selbstgemachten Kroketten serviert - Freude!

Zwiebelrostbraten gibt es auch, allerdings schneidet Wundsam den aus der Entenbrust. Der zarte Wildgeschmack harmoniert gut mit der Süße der knusprigen Zwiebelringe: ideal, um dem sprichwörtlichen Bauern jene Angst zu nehmen, die er vor allem hegt, was er nicht kennt (und ergo kein Schnitzel ist). Bratl in der Rein gibt es nur gegen Vorbestellung und erst ab vier Personen, dafür sind dann aber Bauch und Schopf dabei. Das feinhopfige Baumgartner vom Fass, das hier ausgeschenkt wird, ist ein Grund mehr, da rechtzeitig dran zu denken: passt einfach fantastisch dazu! Auf jeden Fall aber sollte man Platz für die selbstgemachten Eisspezialitäten lassen: Wie Wundsam die wolkig leichte und gleichzeitig satt cremige Konsistenz seines Gefrorenen so hinkriegt, bleibt aber sein Geheimnis. (Severin Corti/Der Standard/rondo/25/02/2011)