Das "1070" am Wiener Spittelberg hat mit Markus Linner (und immer sonntags, mit dem ganz wunderbaren Georg Ryzych) durchaus adäquaten Ersatz für Küchenchef Patrick Sowa gefunden, nachdem dieser von den Besitzern des ehemaligen Vinissimo in den Nachbarbezirk entführt wurde.
Aus dem traditionsreichen Weinlokal wurde vergangene Woche nämlich der "Kontrapunkt" - welcher künftig mehr auf das feststoffliche Angebot gesetzt werden soll. Sowa, der als inspirierter Fischkoch gilt, scheint wie gemacht für das neue Konzept: Er steht in der offenen Küche, die zugleich den Nichtraucherraum des Lokals darstellt, vorne wurde die massive Bar entfernt und auch sonst entrümpelt. Gut so, denn Sowa kocht auf eine Art, dass man wohl jeden Tisch brauchen wird. Und, hoffentlich bald, jene des entzückenden Hofgartens dazu. Denn der Kärntner versucht, seine Gäste unter dem Motto "lei lafn låsn" dazu zu bewegen, ihm quasi blind zu vertrauen und um ziemlich konkurrenzlos günstiges Geld eine Abfolge von Gerichten zu ordern, die je nach Tagesangebot variiert werden.
Wild auf tolle Art
Zu Beginn können das etwa allerhand knackige Rüben mit Rhabarber, Papaya und Passionsfrucht sein, die mit Sprossen und Kräutern gewürzt und mit ein paar Scheiben vom gerade eben angegrillten Thunfisch getoppt werden - schmeckt so wild, wie es klingt, aber auf tolle Art. Oder Melanzanipüree mit Paprika, Butterbohnen und einer Idee Kren, das mit Pagello (junge Zahnbrasse), Jakobsmuschel und gegrillter Garnele kombiniert wird - grandios, vor allem, wenn das Meeresgetier derart punktgenau gegart wird. Wer in der Küche sitzt, kann genau beobachten, wie intuitiv der junge Mann ans Werk geht: Kaum ein Teller sieht da gleich aus, stets scheint die eine oder andere Lust des Moments Sowa zu kleinen Twists zu verleiten. Erfrischend! Severin Corti/Der Standard/rondo/22/04/2011)