Augarten-Porzellan kennen Österreicher aus brav bürgerlichem Haus am ehesten vom Kuchenessen bei der Oma. Für einen Betrieb im Luxussegment ist so ein verzopftes Blümchen-Image ein Problem, weshalb sich die Manufaktur eine neue Identität zu verpassen versucht.
Die Renovierung des Schlosses samt neuem Museum, Shop und Restaurant ist ein Teil davon. Als Erstes wurde nun das Restaurant eröffnet. Das Gute zuerst: Die Terrasse, die sich an der Seite des Schlosses zum Augarten hin öffnet, verspricht richtig nett zu werden - sie soll kommende Woche in Betrieb gehen. Vor dem zweiten, "feineren" Gastgarten an der Kopfseite des Schlosses aber parken die Autos der Gäste bis unmittelbar vor die Tische - so lässt sich das Gefühl nicht vermeiden, auf einem Parkplatz statt in einem barocken Schlossgarten gelandet zu sein.
Augarten-Teller
Das ist aber nix gegen den Schock, der einen drinnen erwartet. Im Interieur des prachtvollen Gartenschlosses ist ein halbherzig auf modisch getrimmtes Ambiente entstanden, das, wie so oft, schon bei der Eröffnung eher alt aussieht. Wer sich einen spielerischen Umgang mit dem Thema Porzellan erwartet hat, wie er zum Beispiel im neuen Shop in der Spiegelgasse durch die Scherbenlandschaft an der Decke recht eingängig vorgezeigt wird, hat sich zu viel erwartet: Zwar gibt es in einer Ecke drei Hängelampen aus Porzellan - doch die wurden nicht etwa in der Manufaktur gebrannt, sondern in Italien gekauft. Gerade einmal die weißen Teller, auf denen das Essen serviert wird, sind von Augarten. Dafür wurde in eine massive Bar mit gülden glitzernden Fliesen und einem aus goldfarbenem Metall gefrästen Oberbau investiert, die auch teuer aussieht - nur leider auf billige Art.
Angesichts dieser vertanen Chance, an einem emblematischen Ort der Stadt ein zeitgemäßes Lokal zu etablieren, erweist sich zumindest das Essen als (wenn auch nur schwacher) Trost. Denn die international angehauchte Wiener Küche ist durchaus in Ordnung - speziell die Tartares von asiatisch mariniertem Seesaibling und klassisch gewürztem Biorind mit zarten Mangoldblättern machen Freude. Auch sehr gut: die saftige, in einem Sud aus exotischen Gewürzen ins zart Rosafarbene gezogene Lammhuft mit Salbeicouscous. (Severin Corti/Der Standard/rondo/10/09/2011)