Welcher der beste Rohschinken der Welt ist, steht außer Frage: Bellota - eigentlich Jamón Ibérico de Bellota -, der Schinken vom iberischen Schwein, das sich in der Extremadura langsam in Eichenhainen fett frisst. Bellota gilt die Liebe der Schinken-Aficionados, er ist rar und teuer.
Die Nachfrage wurde dank der frohen Kunde vom spanischen Küchenwunder weltweit so groß, dass es kaum noch genug Ibéricos gibt. Einer der größten spanischen Schinkenproduzenten, Jamones Segovia, machte sich deshalb vor 20 Jahren auf die Suche nach fetten, langsam wachsenden Schweinen.
Alte Schweine
Neben China und Polen wurde der Eigentümerfamilie Olmos Ungarn empfohlen. Dort, so die Legende, fand man irgendwo hinter einem Haus auch ein paar Tiere, die wie dicke Schafe aussahen. Was denn das sei, fragten die Olmos. Nichts Besonderes, hieß es, bloß alte Schweine einer fast ausgestorbenen Rasse: Mangalicas.
Das war exakt, was die Spanier suchten. 1991 begann die Zusammenarbeit, 1993 gab es erstmals zwölf Schinken. Derzeit werden 17.000 Tiere von Partnerbetrieben in Ungarn aufgezogen und dort geschlachtet. Der Rest der Mangalica-Erfolgsstory ist bekannt. Die mit dem Ibérico verwandte Rasse wird heute in Amerika genauso gezüchtet wie in Europa, auch in Österreich steht Fleisch vom heimischen Mangalica wieder hoch im Kurs. Der Grund dafür aber liegt in Spanien, erst ihre Nachfrage ließ die Mangalica-Zucht in Ungarn wieder rentabel werden.
Aroma des Fetts
Die Keulen werden in der Reiferei Monte Nevado im nordspanischen El Rasillo (La Rioja) auf 1200 m Seehöhe mit grobem Meersalz eingesalzen. Nach einem halben Jahr in temperierten Reifekammern hängen sie weitere zwei Jahre in Hallen, deren große Fenster sich zum Wald aus Kastanien, Tannen und Pinien hin öffnen.
Sie werden je nach Wetter und Temperatur automatisch belüftet. Zehntausende Mangalicaschinken bekommen dort gemeinsam mit Bellotas (und Serranos, aber die werden aus dem intensiv gehaltenen Hausschwein produziert) viel Zeit, um das Aroma des Fetts und die mürbe Textur auszubilden.
Gerste, Weizen, Gras
Olmos-Schwiegersohn José Maria de la Fuente Arranz erklärt die Unterschiede zwischen Mangalica und Ibérico: Das gelbe Fett sei ganz besonders weich, bedingt durch die Fettsäurezusammensetzung, die wiederum vom Futter abhängt. Während es beim Bellota Eicheln sind (es gibt auch noch anders gemästete Ibéricos, alle werden der schwarzen Klauen wegen als Pata Negra bezeichnet, aber nur der im Abgang eigenwillig herbe Bellota gilt als der echte Stoff), fressen Mangalicas vorwiegend Gerste, Weizen, Gras. In der Textur sind sie nicht zu unterscheiden - im Geschmack schon. Der würzige, nach Nüssen und Trockenfrüchten duftende und zart süßliche Mangalica ist leichter zugänglich. Bloß kann man ihn derzeit weder in Österreich noch Ungarn kaufen: Das meiste wird in Spanien gegessen, ein Teil in die USA, nach Belgien, Frankreich und ins Prosciutto-Land Italien exportiert. (Katharina Seiser/Der Standard/rondo716/09/2011)