Rodolfo Dordoni

Foto: Hersteller

DER STANDARD: Wie sieht das perfekte Sofa aus?

Rodolfo Dordoni: Für mich wäre das ein riesengroßes Kissen. Ich mag es sehr simpel. Ich sitze auch nicht auf einem Sofa, sondern benütze es eher im Sinne einer Chaiselonge.

DER STANDARD: Wie viele Sofas besitzen Sie?

Dordoni: Sagen wir, ich bekomme einen ziemlich großen Rabatt und wechsle oft (lacht).

DER STANDARD: Was wäre das passende Sofa für Angela Merkel?

Dordoni: Die Bundeskanzlerin wirkt auf mich sehr formell. Ich würde ein Möbel vorschlagen, das sehr gemütlich ist. Gemütlicher als ihre politische Situation.

DER STANDARD: Und worauf platzieren Sie Silvio Berlusconi?

Dordoni: Ich denke, die Zeitungen haben uns schon gezeigt, welche Art von Sofas er bevorzugt.

DER STANDARD: Worum geht es heutzutage bei der Gestaltung eines neuen Sofas?

Dordoni: Es geht heute um mehr Freiheit und Komfort. Auch um mehr Lässigkeit. Deshalb sind diese Möbel heutzutage größer und weiter, was die Sitztiefe betrifft. Das Sofa ist heute ein weniger formelles Stück als früher.

DER STANDARD: Was macht Ihnen mehr Spaß, einen Showroom für Dolce & Gabbana zu gestalten oder ein Sofa zu entwerfen?

Dordoni: Für mich ist die Abwechslung am wichtigsten. Langweilig wäre es, immer an denselben Dingen zu arbeiten.

DER STANDARD: Was würden Sie am liebsten entwerfen?

Dordoni: Den Innenraum eines Autos.

DER STANDARD: Sie arbeiteten für eine Vielzahl italienischer Paradeunternehmen. Welches fehlt Ihnen noch?

Dordoni: Der Vatikan. Einen Sessel für den Papst zu entwerfen würde mir gefallen.

DER STANDARD: Sie sagen, Sie fühlen sich gegenüber den Kunden, die Ihre Möbel kaufen, moralisch verpflichtet. Inwiefern?

Dordoni: Es geht um eine gute Qualität, die zum Preis passt. Wir sprechen über italienisches Design. Wir wollen zeigen, dass das, was wir machen, nur hier möglich ist. Es geht also um Fragen der Identität.

DER STANDARD: Aber seien wir ehrlich: Italienisches Design ist nicht mehr das, was es, sagen wir vor 20, 30 Jahren war. Warum?

Dordoni: Italienisches Design steht für ein System. Es geht um Kunden, Entwerfer und Unternehmen. In der Vergangenheit waren dies die eng verbundenen Säulen des italienischen Designs. Heutzutage kommen Designer aus aller Welt nach Italien, um hier zu arbeiten. Das hat auch das Image verändert. Angelockt werden diese Gestalter von der großen Anzahl an Unternehmen und der Qualität, die diese liefern.

DER STANDARD: Würden Sie sich als eine Art Dinosaurier des alten italienischen Designbegriffs definieren?

Dordoni: Ja, ich bin ein typischer italienischer Gestalter meiner Generation. Als ich begann, war Design nicht so angesagt und bekannt. Heutzutage kennt sich jeder aus. Das heißt, es gibt auch viel mehr Designer. Das machte es für uns damals in gewisser Hinsicht leichter. Aber der Hauptunterschied liegt in der Ausbildungssituation. Damals gab es keine Schulen für Design. Früher studierte man Architektur und wurde dann Designer.

DER STANDARD: Wie viele Objekte haben Sie in Ihrem Leben entworfen?

Dordoni: Keine Ahnung. Viele. Ich hab 1979 angefangen.

DER STANDARD: Raten Sie!

Dordoni: 1000?

DER STANDARD: Können Sie sich an jedes erinnern?

Dordoni: Ja. Und ich hab ihnen auch allen einen Namen geben.

DER STANDARD: Haben Sie einen Liebling darunter?

Dordoni: Nicht wirklich. Woran ich aber besonders gern denke, sind meine mundgeblasenen Glasobjekte. Glas ist ein so unglaublich poetisches Material.

DER STANDARD: Merkel, Berlusconi und der Papst kamen schon vor. Für wen würden Sie gern ein Objekt entwerfen?

Dordoni: Ich würde gern gemeinsam mit Barack Obama etwas entwerfen, herausfinden, wie er an die Sache rangehen würde.

DER STANDARD: Und was könnte das sein?

Dordoni: Ich denke an einen Besprechungstisch.

DER STANDARD: Roberto Minotti hat mir erzählt, dass die Entwürfe aus seinem Hause auch von Filmen wie "Blade Runner" inspiriert sind? Welche Filme inspirieren Sie?

Dordoni: Meine Musen finde ich beim Spazieren, beim Schauen und Beobachten. Wenn man neugierig ist, kann einem alles Inspiration sein: Essen, Kunst, Filme, Städte, Geschichte, Proportionen.

DER STANDARD: Was konkret hat Sie zuletzt beeinflusst?

Dordoni: Es waren ein bestimmtes Licht und ein Schatten, die mich berührt haben.

DER STANDARD: Was mögen Sie am liebsten an Ihrem Job?

Dordoni: Der letzte Prototyp eines Stücks ist der aufregendste Part. Wenn etwas fertig ist, ist es erledigt und aus.

DER STANDARD: Gibt es etwas, das Ihnen am Job des Designers nicht so gefällt?

Dordoni: Ja, wenn ich zu sehr kämpfen muss, um etwas zu erklären. Das kostet einfach so viel Zeit. (Michael Hausenblas/Der Standard/rondo/07/10/2011)