Foto: Gerhard Wasserbauer

Außen sehr gelb, innen eher retro-rustikal, mit ordentlichem Essen und völlig abgehobenem Weinkeller: Das Zöbinger Stöckl

Foto: Gerhard Wasserbauer

Georg Pfeiffer hat sein Zöbinger Stöckl 1979 eröffnet, 14 Jahre betrieben und schließlich abgegeben, um in New York ein Wirtshaus (Zum Lipizzaner) zu eröffnen. Später kam er zurück, erfand mit dem "Fino" das Konzept des Weinrestaurants mit mehr als 50 glasweise erhältlichen Kreszenzen. Als er hörte, dass sein altes Lokal wieder zu haben sei, griff er zu und betreibt es nun mit Sohn Thomas, der in der Küche steht. Es ist schön, wenn Kreise sich so schließen.

Vom Dekor wirkt das bürgerliche Wirtshaus mit heller Holztäfelung, rustikalen Stühlen und grünen Wänden wie eine Zeitreise in die frühen 1980er. Die Speisen hingegen sprechen eine durchaus zeitgemäße Sprache. Kein Wunder, Küchenchef Thomas Pfeiffer hat schließlich schon im Skopik & Lohn, dem derzeit wohl angesagtesten Vertreter des neo-patinierten Brasserie-Beisls gekocht. Die Karte wird alle paar Tage neu geschrieben und fällt durch eine Konzentration auf das Thema Wild auf.

Feines Spiel von Süße und Säure

Rehpastete ist kräftig gewürzt und wird mit klassischer, bittersüßer Sauce Cumberland und ein paar ofengetrockneten Paradeisern serviert. Das mag eine seltsame Kombination sein, überrascht aber durch interessante Kontraste und ein feines Spiel von Süße und Säure, das durch den Umami-Geschmack der konzentrierten Paradeiser-Aromen noch verstärkt wird. Gabelbissen vom Matjesfilet erinnert an jenen im neuen Plachutta-Wirtshaus, wo er aber besser gelingt: Im Zöbinger ist die Gemüsemayo nicht so fein abgestimmt wie beim Vorbild, auch der Gewürzhering sorgt bei Plachutta für ein spannenderes Geschmacksbild als der vergleichsweise derbe, aus der Ölmarinade gefischte von Pfeiffer.

Szegediner Krautfleisch von der Wildsau lässt speziell beim Kraut jeden Biss vermissen, dafür ist das Fleisch schön mürb und saftig - ein bissl weniger schüchtern (sprich paprikascharf) gewürzt hätte es aber durchaus sein dürfen. Der entbeinte, gefüllte und im Ganzen gebratene Fasan war leider schon aus, in der Kräuterpanier gebackenes Kalbshirn mit erstklassigem Erdäpfelsalat war dafür ganz wie es sich gehört: außen krachfrisch und knusprig gebacken, innen von zartcremiger Geilheit.

Richtig, richtig toll ist aber die Weinkarte mit zahllosen, schön gereiften Flaschen aus den besten Häusern Österreichs wie auch dem Rest der Welt, deren Bestände Pfeiffer über Jahre angesammelt hat. Wo sonst lässt sich ein prachtvoller Blaufränkisch Spern Steiner 2000 von Weninger noch unter 30 Euro die Flasche genießen? Oder gar, in einer anderen Preisklasse und dennoch eine Mezzie, ein Mouton-Rothschild 1996 um 375 Euro? Das Auto lässt man bei solchen Vorhaben, trotz der leicht entrischen Location, besser zu Haus. (Severin Corti/Der Standard/rondo/28/10/2011)