Garrett Marrero steht auf der Leitung: "Na sicher gibt es Bier auf Hawaii, wieso sollte es das nicht geben?", fragt er. Erst der Hinweis, dass in einem aus zig Millionen deutschen Kehlen gegrölten Bierzeltsong das exakte Gegenteil behauptet wird - weshalb ein Aufenthalt im Südseeparadies niemals den bezaubernden Mief heimischer Bierseligkeit ersetzen könne -, entlockt dem Braumeister ein zögerndes Lächeln. Denn nicht nur Bier, auch Brauereien gibt es auf Hawaii - und zum Teil sogar ziemlich gute.
Das erste hawaiianische Bier wurde, und das ist historisch belegt, bereits 1898 gebraut, und zwar von der Marke Primo, die heute zu dem Konzern Pabst Brewing Company gehört. Deutlich besser aber sind jene Biere, die in kleinen Handbrauereien gebraut werden. Sie sind in den vergangenen Jahren wie in ganz Amerika aus dem Boden geschossen. Sechs solche Microbreweries gibt es auf Hawaii; eine davon, jene von Garrett Marrero, steht auf Maui, der zweitgrößten Insel des Archipels. Seit 2005 braut Marrero im schmucken Touristenort Lavaina Bier. Und wie alle Kleinbrauer experimentiert er viel. "Letztes Jahr haben wir an die fünfzig verschiedene Sorten gebraut", erzählt Marrero in seinem Brew Pub am Honoapiilani Highway. Darunter Biere, die Namen mit Lokalkolorit haben wie etwa Bikini Blonde, ein erfrischendes, fein gehopftes Lager; Big Swell IPA, ein stärkeres, intensiv nach Hopfen schmeckendes Indian Pale Ale; oder auch Coconut Porter, ein dunkles Bier mit amüsanten Noten von gerösteter Kokosnuss.
Ausschließlich in Fässer und Dosen
Erstaunlich und für eine Mikrobrauerei reichlich ungewöhnlich ist, dass die Biere der Maui Brewing Company nicht in Flaschen erhältlich sind. "Wir füllen ausschließlich in Fässer und Dosen ab", sagt Marrero, "und zwar aus dem einfachen Grund, dass Flaschen im Gegensatz zu Dosen auf Hawaii weder hergestellt noch recycelt werden können". Das bedeutet, dass die Flaschen vom Festland geholt und wieder dorthin zurückgebracht werden müssten, was einen ungefähren Transportweg von 8000 Kilometern zeitigen würde und ein ökologischer Wahnsinn wäre, so der Jungunternehmer.
Aber wie machen das dann die anderen Brauereien, Kona zum Beispiel, die größte und bekannteste unter ihnen, deren Biere mit den Surfer-Namen Longboard und Pipeline nicht nur auf Hawaii, sondern in den gesamten USA in Flaschen erhältlich sind? "Das meiste Bier lässt Kona längst auf dem Kontinent brauen und abfüllen und verschifft es danach hierher", antwortet Marrero abschätzig, "bei denen ist fast nur mehr die Marke und die Aufmachung hawaiianisch."
Doch auch Marreros Geschäfte laufen gut. Wahre Umsatzbringer sind zudem die bei amerikanischen Touristen äußerst beliebten T-Shirts und sonstigen Souvenirs mit gleichzeitigem Hawaii- und Bierbezug. Die Biere selbst werden mittlerweile in zehn amerikanischen Bundesstaaten verkauft sowie in drei weiteren Ländern, nämlich in Japan, Großbritannien und Dänemark, womit man sich schon ziemlich nahe an Deutschland herangearbeitet hat. "Sollten wir auch dort irgendwann vertreten sein, können sich die Deutschen einen anderen Text für ihren Song überlegen", sagt Marrero, immer noch etwas pikiert. (Georg Desrues/Der Standard/rondo/11/11/2011)